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Brief vom 22. Dezember 1691

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


15.


[025]
Paris den 22 Decembre 1691.
Hertzliebe Louise, ich habe heütte Eweren lieben brieff entpfangen vom 24 Nov. – 8 Dec., so in ma tante von Tarante paquet eingeschloßen war, undt habe darauß mitt freüden gesehen, daß Ihr wie auch Ewere geschwisterig mich noch alß lieb habt. Das ich groß mittleyden getragen über den verlust, so wir noch wider gethan von einen Ewerer brüder, solt Eüch woll kein wunder nehmen; den ob ich zwar bißher noch nicht glücklich genung geweßen, umb Eüch zu erweißen, daß ich mich vor Eüch raugraffliche kinder interessire, so kan ich Eüch, meine liebe Louisse, doch mitt warheit versichern, daß ich solches jederzeit gethan habe undt auch allezeit thun werde. Vorm jahr hatte ich sehr gewünscht, Ewere zwey brüder zu kenen, so ich nie gesehen hatte; aber nun, muß ich gestehen, habe ich, so zu sagen, gott gedanckt, daß ich sie nie gesehen; den ich weiß, waß ich noch vor schmertzen entpfinde, wen ich ahn meinem lieben Carllutz s. gedencke. Hatte ich dieße gekent, würde ich vielleicht sie auch so bedawert haben. Die warheit zu bekennen, so hatte unß gott der allmächtige seyder etliche jahren her erschrecklich heimgesucht; den wir haben ja alles nach einander verlohren. Ma tante, die hertzogin, hatt mir dießen letzten raugraff, so geblieben, sehr gelobt. Wolte gott, ich könte ma tante, der hertzogin, der mühe entheben, vor Eüch überige zu sorgen! Ich wolte mir eine rechte freüde drauß machen; aber es steht leyder nichts bey mir, alß nur bloß der gutte wille. Ihr thut woll, noch nicht in die Pfaltz zu gehen; den so lang der leydige krieg weren, wirdt die Pfaltz daß theatrum davon sein. Daß Ihr so content von ma tante von Tarante seydt, höre ich gar gern undt werde ich bey ma tante von Tarante eine dancksagung ablegen, daß sie Eüch kinder so woll tractirt [026] undt Eüch in Ewerem unglück tröst. Ich werde I. L. auch zu wißen thun, wie sehr Ihr mir gerümbt alles, waß sie Eüch guts erweist, umb sie zu encouragiren, in dießem gutten tractement fortzufahren. Ich mögte von hertzen wünschen, daß ich Eüch auch einmahl wider ambrassiren mögte. Wer weiß, waß geschehen kan? Daß sprichwort sagt, daß berg undt thäller nicht zusamen kommen, aber woll die gutte freünde; drumb müßen wir ahn dießer hoffnung noch nicht verzweifellen. Amelise undt Carl Moritz ambrassirt von meinetwegen wie auch Caroline! Wen Ihr ahn sie schreibt, sagt ihr auch, daß ich vor lengsten auff ihren brieff geantwortet hette, wen ich eine überschrift hette machen können; allein sie ist nun duchesse undt ich darff ihr nicht schreiben, alß wen sie es were, weillen man hier den printzen von Oranien nicht vor könig in Engellandt halten will undt also seine duchessen nicht will passiren laßen, undt alß gräffin von Schomberg wolte ich die überschriefft auch nicht machen, indem ich gar fro bin, daß sie duchesse ist, habe ihr alßo nicht schreiben können. Adieu, mein liebe Louisse! Ich wünsche Eüch undt Ewere geschwisterig tausendt vergnügen undt glück undt versichere Eüch, daß ich Eüch jederzeit so veraffectionirt verbleiben werde, alß mich das geblüdte undt Ewere amitie darzu veranlaßet, und wünschte woll von hertzen, daß ich gelegenheit finden möge, Eüch zu erweißen, daß ich I. G. dem churfürsten seliger, unßer herr vatter, nicht umbsonst versprochen, daß ich Eüch allezeit lieb behalten wolte; den ich es in der that thue undt allezeit thun werde.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 22. Dezember 1691 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 1 (1867), S. 25–26
Onlinetext URL: http://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d01b0015.html
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