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Brief vom 2. März 1695

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


17.


[029]

A mad. Louise, raugraffin zu Pfaltz, a Franckfort.

Versaille den 5 Mertz 1695.
Hertzliebe Louise, vorgestern habe ich zwar Ewer schreiben vom 5/15 Febr. zu recht entpfangen, unmöglich aber selbige post gleich drauff antwortten können, weillen mir selbigen tag sonsten gar zu viel zu schreiben vorgefallen ist; heütte aber hoffe ich, keine verhinderung zu bekommen, umb fleißig auff Ewer schreiben zu antworten. Ihr habt woll gethan, nicht mitt dem starcken schnupen zu schreiben, es mögte Eüch sonsten den fluß in den augen gezogen haben; sonsten aber ist es mir nicht leydt, daß Ihr, liebe Louisse, so einen starcken schnupen gehabt habt; den daß macht hernacher eine beßere gesundtheit. Der schwedische pfaltzgraff hatte mich sehr gebetten, Eüch ein gruß durch ihn zu entbietten. Er kompt mir all fein vor undt redt mehr, alß unßere teütsche fürsten sonst thun. Ich bin recht fro, daß I. L. woll mitt mir zufrieden sein. Ich habe dießen printzen keinen andern gefahlen thun können, alß mitt ihm zu reden. Wen er noch zu Hannover ist, wirdt er baldt erfahren, daß Ihr seine comission wohl vericht habt; den ich habe die hertzogin von Hannover in meinem letzten schreiben gebetten, I. L. meinetwegen [030] zu dancken vor dero ahndencken durch Eüch. Wen die junge leütte ein wenig hir sein, werden sie baldt gehobelt. Wen dießes pfaltzgraffens älter herr bruder größer undt beßer geschaffen ist, alß er, mag man ihn nur her schicken; man wirdt schon sorg vor ihm haben; den mäner undt weiber hir sehen gerne wohl geschaffene leütte. Ich vexire undt es ist mir doch gar nicht lächerlich; den ich bin in sorgen vor ma tante. Die hatt wider daß fieber; ob daß erste acces zwar nicht starck geweßen, ist mir doch bang, es mögte wider werden wie vergangen jahr. Gott gebe, daß die zeittungen, so ich morgen oder übermorgen haben werde, gutt sein mögen! Ich bin fro, daß daß fichu vom könig von Tripoli so wohl reussirt hatt undt admirirt ist worden. Ich habe vor dießem wohl einmahl eine chambreluche gesehen, kan michs aber nicht mehr erinern, wie es war; den ich sehe schir nie, wie die leütte gekleydt sein, undt behalt es noch weniger. Meine eintzige continuirliche kleydungen seindt grand habit undt jagtskleydt, wen ich reitte; sonsten trag ich nichts, auch mein leben keine robe de chambre noch manteau, habe auch in meiner garderobe nur einen entzigen nachtsrock, nur damitt aufzustehen undt zu bette zu gehen, sonst nichts. Seindt den noch andere teütsche damens in Engellandt außer Caroline? Sagt mir doch, liebe Louise, wer die andern sein! Ich habe woll gedacht, daß Caroline betrübt über der königin Marie todt sein würde. Alle, die dieße königin gekandt haben, loben sie über die maßen. Ich bin fro, daß Caroline nicht zur königin gekönt hatt; den daß hette der königin doch nichts geholffen undt die arme Caroline hette die blattern bekommen können undt auffs wenigst blindt davon werden, weill sie ohne daß blöde augen hatt. Schreibt ahn Caroline, daß ma tante mir ihr compliment gemacht hatt undt daß ich allezeit mitt freüden vernehme, daß sie fleißig ahn mich gedenckt, und daß ich sie noch alß sehr lieb habe undt von hertzen ambrassire. Der könig Jacob von Engellandt hir hatt nicht haben wollen, daß wir vor seine fr. dochter trawern sollen, hatt starck dagegen gebetten. Er hatt dießen todt gar nicht entpfunden. Daß hatt mich wunder genohmen; den mich deücht, man kan seine kinder nicht vergeßen; waß sie einem auch zu leydt thun mögen, so rührt sich doch daß geblüdt. Wie man mir könig Wilhelm beschrieben hatte, hette ich woll mein leben nicht gemeint, daß er so tendre vor seine gemahlin sein solte. Ich weiß es ihm recht danck undt jammert mich von hertzen. Hette ich [031] gedörfft, hette ich all lengst ahn Caroline geschrieben, ihm mein compliment zu machen undt mittleyden zu bezeügen. Die campagne wirdt dießem könig wohl zu paß kommen; den daß gibt distraction, so die betrübtnuß vertreibt. Die arme Leonor, der fraw Schelm schwester, ist gar kranck zu Straßburg. Es ist mir recht bang vor sie. Grüst den Eberfritzen, ihren bruder, von meinetwegen wider! Hatt unßer gutter graff von Wittgenstein noch etwaß? Ich meinte, alles were drauff gangen in der Pfaltz. Daß er kleine augen macht undt in die höhe sicht, erinere ich mich gar woll; daß Ihr es aber auch thut, wuste ich nicht. Weillen herr Keller dießen winter geschwitzt hatt, wirdt er woll biß in todt schwitzen. Hir habe ich nicht gehört, daß jemandes todt gefrohren seye; allein die kalte ist so abscheülich geweßen, daß ahns königs taffel der wein so woll alß daß waßer im trincken gefrohren ist. Die avanture von dem man, so auff seinem pferdt erfrohren, ist wunderlich, doch nicht gar unglaublich, weillen die erfrorne gar steiff werden undt der frost auch ahnklebt. Es rechnet nun hir. Ihr schreibt mir nicht, ob Ihr bei dießem großen geweßenen schnee nicht im schlitten gefahren seidt. Ich glaube, liebe Louise, daß Ihr ein wenig faulheit mitt einem exessiven, aber wenig gültigen compliment entschuldiget, daß Ihr mir nicht auff meinem brieff vom 16 December geantwortet habt; den Ihr solt woll persuadirt sein, weillen ichs Eüch sehr versichert, lieb Louisgen, daß Ewere schreiben mir sehr ahngenehm sein undt derowegen deren nicht zu viel haben kan. Amelisgen ambrassire ich von hertzen undt versichere Eüch beyde, daß ich Eüch gar lieb habe undt allezeit behalten werde, undt mögte von grundt meiner seelen gelegenheit finden, Eüch solches durch ahngenehme dinsten zu persuadiren, würde mich woll gerne dazu employern.
P. S.
Ich habe noch keines von den büchern entpfangen; habe alß gemeindt, man würde sie mir von Bassel schicken; weill sie aber noch nicht kommen sein, will ich ahn dem apotecker zu Bassel schreiben laßen, umb zu erfahren, wo sie hinkommen sein. Unterdeßen bin ich Eüch, liebe Louisse, sehr verobligirt vor Ewere mühe. [032]
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 2. März 1695 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 1 (1867), S. 29–32
Onlinetext URL: http://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d01b0017.html
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