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Brief vom 23. Juli 1695

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


23.


[039]

A mad. Louise, raugräffin zu Pfaltz, a Franckfort.

Paris den 23 Julli 1695.
Hertzliebe Louisse, ich bin heütte herkommen undt bin in einem closter, so le port royal heist. Ich komme alle woch ein par mahl her, eine von meinen gutten freündinen zu sehen; entpfange eben Ewer lieb brieffgen vom 29 Juny–9 Julli; habe nie kein frischers von Eüch, liebe Louisse, bekommen. Mich deücht auch, daß daß meine, so ich Eüch den 25 undt 26 Juni geschrieben, gar geschwindt überkommen ist. Mein sohn hatt unß nach seiner ersten kranckheit noch einen zweyten schrecken eingejagt, indem ihm daß fieber wider ahngestoßen undt noch 2 starken acces bekommen. Daß quinquina aber hatt es ihm wider verdrieben, aber alß man ihn etlich tag hernach purgirt, hatt er gleich andern tags marchiren müßen undt ist 2 mahl vier undt 20 stundt geweßen, ohne zu schlaffen undt tag undt nacht marchirt, jedoch so hatt er sich nicht übel drauff befunden, welches woll zu verwundern ist. Nun ist er bey der belagerung von Neuport. Gott gebe, daß es dortten woll ablauffen möge! [040] 2 posten, alß die gesterige undt heütte, haben gefehlt. Gott gebe, daß es nichts böß bedeütten möge! Die zeittung hatt nicht gelogen. Were mein sohn kranck geblieben, were ich zu ihm gefahren, umb ihn in seiner kranckheit zu wartten. Ich meinte nicht, daß die bäder gutt vor husten undt brustwehe sein. Derselbe humor, so Carolline vor dießem auff den augen hatte, muß einen andern weg genohmen haben undt auff die brust gefallen sein. Wen ich dießen abendt wider zu St Clou sein werde, will ich Lenor sagen, daß ihre schwester Gret sie so galant findt, undt will sie braff ungedultig mitt machen. Gret bitte ich wider meinetwegen zu grüßen, herrn Max auch glück zu seinen 2 döchtern zu wünschen. Die zwey werden aber woll nicht leben; den es ist rahr, daß zwilling beyde leben bleiben. Ich wolte lieber, daß der gutte herr Max seines sandts undt steins woll geneßen were, alß seine fraw ihrer zwilling. Wie viel kinder hatt den jetzt die landtgräffin von Cassel? Ich meinte, mein vetter, der landtgraff, were in der armeé. Made de Savoye hatt mir viel gutts von dem elsten landtgraffen geschrieben, sagt, er seye lebhafft undt gar artlich undt hette ihr gesagt, daß er mich zu sehen wünscht. Drumb, liebe Louisse, solt ihr dießen printzen zu sehen bekommen, bitte ich Eüch, sagt ihm, daß es mir recht leydt seye, daß der krieg verhindert, daß er nicht herkommen ist. Des printz Carls von Brandenburgs historie ist eine wunderliche begebenheit, wie die teütsche comedianten alß pflegen zu sagen. Ich war die erste, so ahn ma tante dieße schönne zeittung geschrieben; den unßere hertzogin von Savoye, welche mir gar fleißig schreibt, hatte mir es geschrieben. Daß nun Casal über undt geschleyfft sol werden, werdet Ihr ohne zweyffel schon erfahren haben. Wie es zu Namur zugeht, weiß ich nicht. Ich glaube, hertzog Max ist noch nicht in Savoyen ahnkommen, [wird] also gott lob kein gefahr außstehen; den allem ahnsehen nach wirdt woll diß jahr nichts dort mehr vorgehen. Hertzog Christian wirdt mehr gefahr außstehen. Hertzog Max ist der eintzige von meinen vettern von Hannover, welcher mir unbekandt; weillen er aber seiner fraw mutter so lieb ist, wünsche ich ihm alles glück undt guts. Ich glaube, man muß gott auß schuldigkeit bitten, loben undt dancken, alß weillen wir sein geschöpff sein; allein ich kan nicht glauben, daß daß betten einen ewigen schluß endern kan. Daß Ihr sagt, daß Ihr unleßlich schreibt, liebe Louisse, ist eine falsche demut, so ich Eüch nicht kan verbeygehen laßen; den es ist [041] nicht möglich, daß Ihr nicht selber secht, daß Ihr gar eine schönne undt leßlich handt habt; daß aber die tinten zu weiß wäre, ist kein fehler von Ewerer handt. Ich schreibe woll jetzt eine heßliche handt; daß vielle frantzosche schreiben hatt mir das teütsch schreiben gantz verdorben. Ich bin fro, daß Ihr so viel freünde gemacht habt, womitt Ihr corespondirt; daß ist immer gutt, daß haußhalten aber waß langweilliges, wie ich mir einbilde. Es ist kein wunder, daß Carl Moritz in der armeé gelt von nöhten hatt. Wolte gott, ich were in einem standt, ihm dazu zu helffen undt Ewer menage beyzuspringen! Wie glücklich wolte ich mich schätzen! Es schmertzt mich recht, daß es nicht sein kan. Umb gottes willen, liebe Louisse, verschondt mich mitt complimenten! Sie seindt meines thuns nicht undt mag sie weniger leyden, alß nie. Ich habe Eüch vielmahl gesagt, daß ich gerne Ewere brieffe habe; also schreibt mir nur fleißig ohne weitter facon undt seydt versichert, liebe Louisse, daß ich Eüch undt Ewere geschwister recht lieb habe undt allezeit behalten werde!
Amelisgen ambrassire ich hirmitt von hertzen.
St Clou den 24 Julli umb 11 morgendts.
Gestern abendts, wie ich wider von Paris komme, erführe ich ohngefehr eine historie, da ich mein leben nicht von gehört hatte. Ich bitte Eüch, liebe Louisse, schreibt mir, ob Ihr etwaß davon wist! nehmblich daß I. G. unßer herr vatter nach Ewerer fraw mutter todt einen sohn solle bekommen haben von einer schweytzerischen jungfer, so bey der fraw raugräffin solle geweßen sein undt Hollanderin geheyßen haben, undt daß der churfürst seelig gelt solle in die Schweitz geschickt haben, daß kindt dort zu erziehen laßen, undt daß der bub dort erzogen wirdt undt gar artig sein solle undt viel verstandt haben.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 23. Juli 1695 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 1 (1867), S. 39–41
Onlinetext URL: http://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d01b0023.html
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