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Brief vom 30. Oktober 1695

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


29.


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Paris den 30 October 1695.
Hertzliebe Louisse, ehe ich auff Ewer schreiben vom 5/15 October antworte, muß ich Eüch erst vor die zwey Virgillius dancken, so ich endtlich gestern entpfangen habe. Ob es zwar die nicht sein, so ich einmahl geleßen undt ahn Carllutz wahren undt, wie schon vor dießem gesagt, in ungereimbte vers sein, so seindt sie mir doch ahngenehm, weillen sie von Ewer handt kommen, liebe Louisse, undt werde sie leßen, umb mich in der teütschen sprach zu unterhalten undt selbige nicht zu vergeßen; also werden mir doch die Virgillius nicht unutz sein. Ich glaube undt bin persuadirt, daß ma tante, die churfürstin, gar nicht übel nehmen wirdt, daß Ihr I. L. mein paquet schickt; drumb schickts nur geraht hin undt nicht mehr an frl. Offen! den ihr bruder, so jetzt hir ist, sagt selber, daß sie gar faull ist. Weillen pfaltzgraff Gustave Eüch keine adresse gelaßen, were es ohnnöhtig, daß ich schriebe, welches mir eben nicht leydt ist; den ich wüste nicht mehr, waß ich dem gutten printzen sagen solte, den ich kene I. L. nicht genung, umb eine gar particullire correspondentz mitt ihm zu halten. Ich fürchte sehr, es vattert sich ein wenig bey ihm; insonderheit glaube ich dießes wegen der händel, so er mitt seinem edelman gehabt hatt. Wen sein elster bruder auch so ist, wunderts mich nicht, daß sie nicht zu recht kommen. Ich bin persuadirt, daß niemandes thun kan, was er will, undt daß jederman ein verhencknuß oder destinée hatt, [050] so er nicht überschreitten kan undt welcher man absolutte folgen muß, man mag auch darge[ge]n streitten, wie man will. Ich glaube, daß der landtgraff von Homburg erschrecklich betrübt sein muß, so einen schönnen undt wackern printzen verlohren zu haben. Es muß Eüch doch jetzt ungewont thun, nach so viellen gethuns Eüch wider in der großen einsambkeit zu finden. Ewer letzter brieff, ob er zwar in eyll geschrieben worden, war doch gar leßlich. Hirbey schicke ich eine andtwort auf herr Fabritzius billiet, welches ich recht artig gefunden. Daß herr Max wider beßer, erfrewet mich von hertzen; wen es nach meinem wunsch ginge, würde er baldt in volkommener gesundtheit sein. Caroline habe ich auff meinem letztem brieff die rechte überschriefft ihres standes gemäß nach gemacht, wirdt also kein ambaras mehr geben, wen es nur dieße ursach ist; solte aber eine andere vorhanden sein, so last michs recht herauß wißen! so werde ich nicht mehr durch made Mazarin schreiben. Ihr habt vergeßen, die vers, so Ihr mir schicken wollen, in Ewer paquet zu thun. Es war nichts drinnen alß monsr Fabritzius billiet undt habe vor dießmahl, liebe Louisse, keine mühe gehabt, die vers zu leßen. Ich hoffe, daß wen Ihr verspüren werdt, daß Ihr sie nicht ins paquet gethan, werdet Ihr mir sie noch widerschicken. Mein sohn hatt heütte ein schön pressent von oncle bekommen, nehmblich 10 schönne Issabellen kutzschenpferdt; die haben woll eine hertzlich freüde bey meinem sohn verursacht. Es ist spät, ich muß nüber ins apartement, werde derowegen vor dißmahl nicht mehr sagen, alß daß ich Amelisse von hertzen ambrassire undt Eüch beyde all mein leben sehr lieb behalten werde.
P. S.
Nach den festagen werde ich meine dochter vor Caroline mahlen laßen, so ihr contrefait begehrt.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 30. Oktober 1695 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 1 (1867), S. 49–50
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d01b0029.html
Änderungsstand:
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