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Brief vom 1. Dezember 1695

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


30.


[050]

A mad. Louisse, raugräffin zu Pfaltz, a Franckfort.

Marly den 1 Decembre 1695.
Hertzallerliebe Louisse, ich habe zwar vergangenen sambstag [051] schon Ewer lieben brieff vom 5/15 Nbr entpfangen, aber ohnmöglich sontags drauff antwortten können; den weillen es der erste sontag im advent war, habe ich in die predig gemüst; gleich nach der predig ist der prince de Galle zu mir kommen undt hatt mir eine vissitte geben, habe also nur der zeit gehabt, etwaß nohtwendiges nach Paris undt ahn ma tante undt unßer hertzogin von Hannover zu schreiben; den mein brieff war so baldt nicht zupitschirt undt daß paquet gemacht, so muste ich nach dem apartement. Heütte aber hoffe ich, daß ich zeit genung haben werde, zu antworten; den zu allem glück so hatt die königin in Engellandt undt ihr könig gestern ihre vissitten abgelegt undt hir zu nacht geßen, werden also woll heütte nicht kommen undt sonsten ist es gar nicht nöhtig, daß ich bey dem spiel seye, undt man ist woll gewont, daß ich nachmittags ein stundt 4 oder 5 alleine bleibe. Es ist aber auch woll einmahl zeit, daß ich auff Ewer schreiben andtwortte. Ob zwar die Virgillius die nicht sein, so ich einmahl geleßen undt gerne wider gesehen hette, so meritirt doch Ewere mühe, liebe Louisse, so Ihr deßwegen genohmen, erkandtnuß undt dancksagung. Waß zu Heydelberg undt Friderichsburg geweßen, ist woll alles zu schanden gangen undt weder stumpff noch stiel davon geblieben; also kein wunder, daß monsr de Tesse Eüch nichts rechts geschickt hatt. Ich habe ein perfect gutt undt gleich contrefait von Carllutz in meinem cabinet zu St Clou. Wen Ihr wolt, will ich Eüch eine gutte copie davon machen laßen undt schicken. Es ist gewiß, daß monsr de Tesse einer von den hoffligsten menschen ist, so hir bey hoff undt der ahm besten zu leben weiß. Ich estimire ihn sehr. Ihr habt groß recht, zu glauben, daß schencken undt widergeben, waß einem zugehört, hir im landt etwaß so rares ist, daß es gar nicht geschicht. Oncle hatt meinem sohn pferde geschenckt; den hir kricht er gar keine pressenten von niemandes. Er undt ich beschencken einander etlich mahl; vor 3 tagen hatt er mir gar ein gutt reittpferdt geben, womitt ich vergangen dinstag den wolff gejagt habe. Die jouwellen, so graff Jullius von Hohenlo seiner gemahlin verehrt, müßen den anderst eingefast sein, alß man die edelgesteine hir tregt, sonsten würde sie sie ja nicht unrecht ahnthun können. Ahn unßern graffen von Nassaw werde ich gar nichts hirvon gedencken. Er ist noch nicht wider bey hoff; bilde mir ein, daß er ein tour in Teütschlandt gethan, seine fr. mutter zu besuchen, welche eine gar estimable [052] dame ist. Es ist desto beßer, daß wir nicht wißen, wo pfaltzgraff Gustave; den daß kan mir immer zur entschuldigung dinnen, daß ich nicht auff sein schreiben geantwort; bin recht fro drüber; den ich wüste nicht, waß ich ihm sagen solte. Last die sach nur dabey bleiben! Wen dieße zwey brüder deß vatters humor haben, wirdt woll nie nichts rechts auß ihnen werden. Daß ich die vers entpfangen, werdet Ihr auß meinem schreiben auß dem port royal ersehen haben. Waß da begangen, bedarff keiner entschuldigung undt ist leicht zu verzeyen. Ich hoffe, daß herr Max biß es frieden wirdt, seine perfecte gesundtheit wider erlangen wirdt, wünsche es sehr undt würde sehr fro sein, ihn wider zu sehen undt von den alten gutten zeitten zu sprechen. Daß ich herr Max wider sehe, wirdt er geschehen können, alß herr Fabricius, ob er zwar schreibt, daß er gedencke, wens frieden were, zu St Clou zu spatziren. Ich habe heütte der zeit nicht, auff sein billiet zu antworten; bitte, ihn doch davor zu dancken undt zu sagen, daß ich fro sein würde, ihn zu St Clou zu sehen. Unter unß geret aber, wen der gutte man herkämme, müste er mich nicht altesse heyßen; der tittel ist nur vor die prince du sang, wir aber undt unßere kinder heist man altesse royale; außer les petits enfants de France führt niemandts dießen titel. Vergangen montag habe ich ein schreiben von Carolline entpfangen, welches mir gar ahngenehm geweßen. Es war von denselben datum wie daß Ewerige, liebe Louisse, habt also vielleicht auß simpathie in einem tag undt stundt dießelbe occupation gehabt, eine wie die andere. Amelise ambrassire ich von hertzen undt behalte sie undt Eüch von hertzen lieb.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 1. Dezember 1695 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 1 (1867), S. 50–52
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d01b0030.html
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