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Brief vom 11. Februar 1696

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


33.


[055]

A mad. Louisse, raugraffin zu Pfaltz, a Franckfort.

Versaille den 11 Februari 1696.
Hertzliebe Louisse, ich habe heütte Ewer lieben brieff vom 18/28 Jan. zu recht entpfangen undt muß gleich drauff antworten; den morgen werde ich ohnmöglich der zeit haben; den den gantzen nachmittag werden wir mitt dem könig auff die falckenjagt reitten undt abendts wirdt apartement sein, habe also kein augenblick überig. Weillen ich leyder jetzt keine beßere gelegenheit habe, Eüch, liebe Louisse, undt Ewer geschwisterig meine amitié zu beweißen, alß [056] durch fleißig schreiben ahn Eüch, so werde ich solches woll nicht ermanglen laßen, hirin aber pretendire ich nichts, alß meine schuldigkeit zu thun, also nichts, so admiration würdig ist; den daß käme schön herauß, daß mir Franckreich mein offenhertziges undt trew gemühte geendert hette. Nein, liebe Louisse, daß wirdt man, ob gott will, mein leben ahn mir nicht spüren. Ich bin recht fro, daß Ihr meiner offt mitt den gutten Eberfritzen, den jegermeister Veninger, gedenckt; bitte, wolt ihn doch wider von meinetwegen grüßen undt ihm sagen, daß seine niepce, so ich bey mir alß freüllen habe, ein artig medgen ist undt daß wir alle hir große sorg vor sie haben. Ich würde recht fro sein, den gutten Veninger wider zu sehen, aber gott weiß, wen es einmahl wider frieden wirdt. Lenor hatt mir geschrieben gehabt, wie kranck ihre schwester, die Schelmin, seye; sie meinte, der man were auch so kranck. Ich bitte, sagt doch der Gret, daß ich fro bin, daß sie dem todt entloffen ist! Wir haben hir daß schönste wetter von der welt wie im frühling. Ich mag mirs braff zu nutz undt jage, so viel mir möglich ist; daß erhelt mich auch bey gutter gesundtheit. Ich finde, daß pfaltzgraff Carl wohl thut, von seiner dollen lieb abzustehen; daß er sonst auch den heüraht scheüet, kan ich I. L. nicht verdencken, wie sehr ich doch wünschen mögte, daß er unßer princes Amalie bekommen mögte. Etlichmahl glücken heürahten, allein es ist rar undt unter taußenden seindt nicht zwey, so waß deügen, undt weillen es, wie ich gar gewiß weiß, so gar eine rare sache ist undt die hertzogin von Parme schon glücklich in Itallien geweßen, fürchte ich, daß es unßere hertzogin von Modena nicht sein wirdt. Gutte heüraht seindt alß wie daß, so man vom phenix sagt, man findt nur einen in einem seculo. Nichts ist unglücklicher in der welt, alß königin in Spanien; ich weiß es durch unßer königin s., so mir von tag zu tag ihr leben beschrieben; Portugal soll noch ärger sein. Da kan man woll daß teütsche sprichwort zu sagen: Es ist nicht alles golt, waß glentzt. Man spilt doch alß mitt jüngere, alß man ist. Wie ich in Franckreich kam, muste ich alle tag spilger mit monsr le Dauphin spillen, ob ich zwar 10 jahr alter bin, alß I. L. Je lenger man lebt, je mehr art leben erfahrt man; allein so einem frembden hoff zu Heydelberg undt Friderichs zu sehen, muß doch schmertzhafft vorkommen sein. E[we]r raisonement ist raisonabel, gutt, auch woll gesagt, aber schwer ins werck zu stellen, [057] liebe Louisse, undt leichter zu sagen, alß zu thun. Ich bin fro, daß I. L. die landtgräffin von Homburg mitt mir zufrieden ist. Ihre fraw mutter undt schwester jammern mich woll von hertzen. Waß ist daß vor eine graffin von Schonburg, so nun zu Franckfort ist? Ist sie unßern Schonburgen verwandt? Wie ich sehe auß waß Ihr mir von den teütschen jungen cavaliren sagt, so müßen sie geworden sein, wie sie nun alle hir sein, da gar wenig rechts bey zu finden ist. Ich glaube, der krig ist schuldig dran; der macht alle junge leütte so ungehobelt, daß sie alle werden wie die gemeine soldatten in der corps de garde. Es ist mir leydt, daß der gutte herr Fabritzius auff den todt ligt. Hiemitt ist Ewer brieff vollig beantwort, liebe Louisse, undt nichts mehr überig, alß Eüch von hertzen sambt Amelise zu ambrassiren undt zu versichern, daß ich Eüch allezeit lieb behalten werde.

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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 11. Februar 1696 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 1 (1867), S. 55–57
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d01b0033.html
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