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Brief vom 22. August 1696

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


42.


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A mad. Louisse, raugraffin zu Pfaltz, a Oxebridge.

Paris den 22 Augusti 1696.
Hertzliebe Louisse, vorgestern habe ich Ewer schreiben von Oxbridge zu recht entpfangen undt noch mitt threnen geleßen. Nichts ist abscheüllicher in der welt, alß die zu verliehren, so man lieb hatt; in alles ander kan man noch radt finden, aber in dießes ist nichts zu hoffen, undt ob zwar die ersten schmertzen vergehen, geht es einem doch all sein leben nach. Derowegen beklage ich Eüch, Amelisse undt den duc de Schomberg woll von grundt meiner seelen. Daß ich Caroline s. verlust beweine, ist gar nichts genereux, sondern gantz naturlich; wir seindt ja von einem geblüdte undt über daß so habe ich ja die arme Caroline s. allezeit lieb gehabt undt durch ihre letzte schreiben hatte sich, so zu sagen, unßere freündtschafft wider verneüert. Es hatt mich also recht touchirt, sie so auff einmahl zu verliehren, da ich mich doch eine freüde gemacht hette, sie einsmahls hir zu ambrassiren, welches gar leicht hette geschehen können; den ihr rang war gantz regullirt hir. Aber es scheindt, daß mir gott der allmächtige in dießem leben wenig freüde bestimbt hatt. Vor alle gutte wünsche, so Ihr undt Amelise mir thut, sage ich Eüch von hertzen danck. Niemandes ist vester persuadirt, alß ich, daß gott der allmächtige alle menschen ihr ziehl gesetzt hatt undt daß niemandes in der welt solches überschreiten kan. Hette sie geneßen sollen, hette sich alles dazu fertig befunden, sie auß der bößen lufft zu bringen. Nun Caroline aber hatt sterben sollen, haben sich so viel obstaclen gefunden. Den pasport hette ich ihr leicht zuwegen bringen können; aber wie Ihr gar woll sagt, gott hatt es anderst geschickt. Es soulagirt mich doch, daß die gutte Caroline noch vor ihrem todt den trost bekommen, Amelise undt Eüch zu sehen undt zu ambrassiren. Ich finde wie Ihr, liebe Louisse, daß Caroline endt vor sich zu wünschen ist, finde, daß sie mitt rechter fermeté gestorben ist. Wer einen festen glauben auff jenner welt haben kan, ist woll glücklich; den in dießer ist wenig trost undt vergnügen weder zu hoffen noch zu finden. Die seindt auch nicht die [071] unglückseeligsten, den [? die] ahm ersten fortgehen. Mich deücht, daß wir alle, so I. G. deß churfürsten s. kinder sein, unß alle wenig vom zeitlichen glück zu berühmen haben. Gott gebe, daß wir daß ewige finden möge[n]! Ich nehme gar nicht übel, daß mir der duc de Chonberg noch nicht geantwortet hatt. Sagt ihm von meinetwegen, daß wen er meinen solte, daß ahn mich zu schreiben ihm die geringste ungelegenheit oder soubçon bey könig Wilhelm verursachen solte, solle er es unterwegen laßen! Wen er nur von meinen sentiement persuadirt ist, so ich über Caroline sehl. verlust gehabt undt die ich noch vor ihn undt seine kinder behalte, bin ich schon zufrieden. Carl Moritz wirdt diß jahr eben so wenig in der campagne gesehen haben, alß seine compagnie; den es ist gar nichts vorgangen. Daß geschrey geht starck hir, daß könig Wilhelm die churprintzes von Brandenbourg heürahten wirdt. Wen dem also ist, werdet Ihr baldt eine königin in Engellandt sehen. Nun Carl Moritz bey dießem könig alß volontaire ist undt die campagne nun auffhören wirdt, bilde ich mir ein, er wirdt zu Eüch in Engellandt kommen. Ich wolte, daß ich so glücklich sein könte, ihm undt Eüch allen einige ahngenehme dinst zu thun können, würde mir eine rechte freüde drauß machen; den seydt versichert, daß ich Eüch alle sehr lieb habe undt allezeit behalten werde!
P. S.
Ihr werdt mir gefahlen thun, mir die strümpff undt stecknadellen zu schicken, so die gutte Caroline s. mir bestehlt hatte. Schreibt mir auch, waß es kost! Ich bin Caroline s. auch noch ein par strümpff schuldig; sie hatte mir nie geschrieben, waß es gekost hatte. Drumb, liebe Louisse, schreibt mir alles, so werde ich es mitt danck bezahlen. Ich kan leicht begreiffen, wie daß der duc de Chomberg nicht wider nach Kingsington mag. Solche örter geben gar zu trawerige ermahnungen. Adieu, hertzliebe Louisse! Ich ambrassire Eüch von hertzen. Ich bin nur hergefahren, eine von meinen freündinen zu sehen; dießen abendt werde ich wider nach St Clou.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 22. August 1696 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 1 (1867), S. 70–71
Onlinetext URL: http://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d01b0042.html
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