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Brief vom 10. Dezember 1696

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


43.


[071]
Versaille den 10 Dec. 1696.
Hertzliebe Louisse, ich glaube, Ihr werdt meinen, ich seye [072] todt, daß Ihr in so ewiger langer zeit keine brieffe von mir entpfangen habt, will Eüch aber hirmitt die rechte warheit sagen. Ich entpfinge Ewer liebes schreiben vom 13 Oct. alten st. zu Fontainebleau eben, wie die princes von Savoye, welche man nun hir gantz kurtz la princesse nent, ahnkamme. Da war so ein gethuns, daß ich ohnmöglich schreiben konte. Gleich über 2 tag hernach kammen wir hieher, den andern tag gingen wir nach Paris, alwo ich nach meiner uhralten gewohnheit gleich einen abscheülichen husten, schnupen undt kopffwehe bekame, welches mir nie zu Paris manquirt, daß ich nicht auß den augen sehen konte, dazu ein geschwer ahn der naßen, habe also die 3 wochen über, so ich zu Paris geweßen, ohnmöglich schreiben können. Seyder die 9 tag, daß wir wider hir sein, habe ich auch noch nicht zum schreiben gelangen können; den erstlich so habe ich sontags undt freytags ahn ma tante schreiben müßen nach Hannover undt die überige tage habe ich so viel leütte gehabt, ins apartement gemüst, in die comedie, jagen undt noch sonsten zu thun bekommen, daß ich außer heütte ohnmöglich zum schreiben habe gelangen können. Seyder etlichen tagen hatt mir madle de Malosse noch ein schreiben von Eüch geschickt, welches ich aber erst beantworten werde, wen ich wider von Marly werde kommen sein, wo wir übermorgen hin werde[n] undt biß sambstag wider herkommen. Morgen muß ich der königin in Engellandt eine vissitte geben, worauf der gantze tag gehen wirdt, derowegen kan es morgen nicht geschehen. Ich komme aber auch einmahl auff Ewer schreiben, habe darauß mitt freüden ersehen, daß Amalisse undt Ihr so gerne von meinen brieffen habt undt daß es Eüch beyden zu einigem trost dint, wen Ihr sehen soltet, mitt waß freüden ich Ewere schreiben entpfange, so köntet Ihr woll nicht zweyfflen, daß sie mir gar ahngenehm sein. Ewere brieff bedörffen eben keiner großen eloquentz nicht, umb mich zu persuadiren, daß Ihr mich lieb habt; den wir seindt einander ja nahe genung dazu undt Ihr wist woll, daß ich Eüch raugräffliche alle allezeit lieb gehabt habe; also kan ich mich auch woll mitt recht flatiren, daß Ihr mich auch lieb habt. Vor alle gutte wünsche, so Ihr mir thut, dancke ich Eüch sehr undt versichere Eüch, liebe Louisse, daß wen Eüch undt Ewere geschwister begegenen solte alles, waß ich Eüch wünsche, würdet Ihr gar gewiß nichts zu begehren haben. Mein credit hir, unter unß gerett, ist alß gangen, nachdem die [073] damen, so in faveur geweßen, mich gehast haben oder nicht; weillen die jetzige mir nicht holt, bin ich nicht in faveur, welches mir nur leydt in dem ist, daß es mich verhindert, gutte freünde zu dinnen; sonsten frage ich, unter unß gerett, kein haar darnach. Ich gehe mein gerahten weg fort undt habe mir, gott lob, nichts vorzuwerffen. Mein parthie ist gantz gefast, es mag gehen, wie es wolle. Kompt enderung, werde ichs mitt freüden ahnnehmen, kompt keine, werde ich mich nicht zu todt grämen; kompt mir etwaß vorhanden, meinen freündin zu dinnen, rechte [rede ?] ich gehertzt herauß undt ohne scheü; thut mans, bin ich fro; thut mans nicht, so thun, die mirs abschlagen, injustice, also desto schlimmer vor ihnen. Den duc de Schomberg grüst freündtlich von meinetwegen undt ambrassirt Amelisse! Ich habe brieff von monsr Amyrault bekommen, wie daß die Schachtel, so Caroline s. bestehlt, ahnkommen im Haag; werde ihm hirmitt berichten, wie es herzuschicken ist. Ihr schreibt mir aber nicht, waß es Caroline gekost hatt, damitt ich es bezahlen möge; bitte, schreibt mirs doch! Ich wolte, daß könig Wilhelm mein tochter hette undt daß wir dadurch einen gutten frieden bekämmen. Adieu, hertzliebe Louisse! Es ist spät, ich muß schließen, ambrassire Eüch von hertzen undt habe Eüch recht lieb.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 10. Dezember 1696 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 1 (1867), S. 71–73
Onlinetext URL: http://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d01b0043.html
Änderungsstand:
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