Seitenbanner

Brief vom 22. Januar 1697

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


45.


[074]

Pour mad. Louisse, raugraffin zu Pfaltz, a Londen.

Versaille den 22 Januari 1697.
Hertzliebe Louisse, vor etlichen tagen habe ich Eweren lieben brieff vom 22 Decbr 96 zu recht entpfangen. Ich erinere mich nicht, mein leben die madle de Pressenville gesehen zu haben; den die jungfern von duchessen kommen nie, wo wir sein, noch weniger in der königin kammern; glaube, daß sie Eüch nicht viel von dem hoff wirdt (alß von hören sagen) verzehlen können. Mons. Amyrault muß ein gutter ehrlicher man sein; den er ist recht sorgfältig vor unßere brieffe. So ist man hir im lande nicht; wen kein interesse [075] bey einer sagen ist, hatt man vor nichts sorg and lest alles schlendern. Ihr seydt gar zu demütig, liebe Louisse, nicht zu pretendiren, daß ich Eüch fleißig antworten sole auff Ewere schreiben; aber seydt versichert, liebe Louisse, daß wen ich nicht so fleißig schreibe, alß es billig, daß es mir recht leydt ist, undt offt verhindern mich sachen, so ich viel ungerner thue, alß ahn Eüch zu schreiben, daß könt Ihr woll versichert sein. Der schnupen ist nicht ungesundt, aber ich kan nicht glauben, daß daß continuirliche husten gutt zu etwaß ist. Ich bin zwar beßer, alß ich zu Paris war, aber von dem letzten husten, so ich die letzte reiße dortten auffgesapelt, noch nicht courirt; drumb hatt mich Monsieur vorgestern, da I. L. mitt meinen kindern nach Paris sein, nicht mittgenohmen. Sie werden noch biß sambstag über 8 tag dortten bleiben, ich werde ihnen aber ein par vissitten geben undt doch wider her schlaffen kommen. Mich deücht, es seye noch nie keins von Eweren brieffen verlohren gangen. Man hatt woll groß recht, sich bey jetziger kälte warm zu halten. Ich bin fro, daß Amelise ihres husten quit ist. Ich beklagen den duc de Chomberg von hertzen, sein kindt auch verlohren zu haben; bitte, wolt ihm doch daß leydt von meinetwegen klagen, undt ich mache Eüch mein compliment auch drüber. Ihr sagt mir aber nicht, ob es ein medgen oder bub war. Freylich seindt die kinder woll glückseelig, so so jung sterben; den denen ist der himmel woll gewiß undt stehen nicht alles unglück undt betrübtnuß auß, so denen woll nicht fehlt, so lang in dießer welt bleiben. Daß man einen tag beßer sein unglück ertragen kan, alß den andern, ist gar gewiß undt war; ich verspüre es auch, aber doch gewehnt man sich entlich dran, die sachen nicht so gar mehr zu hertzen zu ziehen. Es ist eine verdrießliche sache, daß die pfaffen machen, daß die Christen einander so zuwider sein müßen. Die 3 christliche religionen, wen man meinen raht folgte, solten sich vor eine halten undt sich nicht informiren, waß man drinen glaubt, sondern nur ob man nach dem evangellion lebt, undt dagegen predigen, wen man übel lebt, aber die Christen unter einander heürahten laßen undt in welche kirch gehen, alß sie wollen, ohne es übel zu finden; so würde mehr einigkeit unter den Christen sein, alß nun ist. Ich habe eine solche estime vor könig Wilhelm, daß ich den viel lieber zum schwiegersohn hette, alß den römischen könig. Ich kan meiner tochter daß mitt warheit nachsagen, daß [076] sie gantz undt gar keine pente zur coquetterie undt gallanterie hatt; auff dießem article gibt sie mir gar keine mühe undt glaube, daß wer sie auch bekommen mag, hirin nichts wirdt zu fürchten haben. Schön von gesicht ist meine dochter nicht, hatt aber eine schönne taille, gutte minnen undt hübsche hautt undt ist ein gutt gemühte. Vor Ewerm gutten neüjahrswünsch, liebe Louisse, dancke ich Eüch von hertzen, wünsche Eüch hergegen alles, waß Ewer hertz wünscht undt begehren mag, wie auch ahn Amelis undt duc de Schonberg, welche ich Eüch bitte sehr vor ihr ahndencken zu dancken, ambrassire Eüch undt Amelis undt versichere, daß ich Eüch beide von hertzen lieb behalte.
P. S.
Die strumpff undt stecknadelen haben wegen der frost noch nicht überkommen können. Ich werde lang ahn die 8 par haben undt allezeit ahn die arme Caroline s. undt Eüch gedencken, wen ich sie tragen werde. Ich glaube, daß Ihr jetzt mein brieff, so in madle de Malauze paquet war, werdet entpfangen haben. Wen Ihr madle de Malauze secht, so macht ihr doch mein compliment!
Heütte habe ich ein schreiben von I. L. ma tante, die churfürstin, entpfangen. Die schreibt mir, daß Carl Moritz nun obristleüttenandt geworden; deß bin ich fro, hoffe, daß er baldt oberster werden wirdt. Ma tante sagt, daß er gantz klein geblieben ist; daß ist mir leydt. Wen Ihr ahn Carl Moritz schreibt, so grüst ihn von meinetwegen!
Impressum
Datenschutz
KontaktPost
Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 22. Januar 1697 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 1 (1867), S. 74–76
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d01b0045.html
Änderungsstand:
Tintenfass