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Brief vom 21. Juni 1697

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


50.


[086]

A mad. Louise, raugraffin zu Pfaltz, a Londen.[1]

St Clou den 21 Juni 1697.
Hertzliebe Louisse, vor ein tag oder 14 habe ich Ewern lieben brieff vom 11/21 May zu recht entpfangen, konte aber ohnmöglich drauff antwortten; den ich ware noch nicht fix genung, mitt der lincken handt zu schreiben, undt dem freüllen von Rathsamshaussen die brieffe zu dictiren, were ein wenig beschwerlich, den sie ortograffirt bludtsübel. Ihr werdet vieleicht gedencken, liebe Louisse, das dießes freüllens handt nicht schwehrer zu leßen, alß meine lincke würde gewest sein, undt das mag woll sein; allein ich denck, das heßliche schrifft vor heßliche schrifft Ihr doch lieber die mühe nehmen werdet, mein heßlich gekritzel zu erahten, alß eines andern seines; will Eüch derowegen selber alles verzehlen undt meinen zustandt berichten. Es ist just heütte vier wochen, daß ich mitt monsr le Dauphin, den wolff jagen wolte. Es hatte gerechnet undt [087] war gar glat. Wir hatten 2 stundt lang einen wolff gesucht undt nichts gefunden, wolten derowegen in eine andere enceinte reitten, da man meinte, das der wolff hinkommen were. Wir gingen den gantz gemachen schrit, auff einmahl rent einer ungefehr bey mir, daß gibt meinem pferdt lust, auch zu renen. Es erhebt sich ein wenig undt mitt den hindern füßen kompt es auff daß naße graß; da glitschen ihm die beyde hinderfüß auff einmahl auß undt felt gantz gemach auff die rechte seitte, mein rechter ellenbogen findt just einen stein, damitt ginge mir der große knochen vom arm auß einander. Man suchte gleich deß königs balbirer, konte ihn aber nicht finden. Er hatte ein huffeyßen verlohren undt war in ein ander dorff geritten, sein pferdt beschlagen zu laßen. Ein bawer, so eben da war, sagte, daß zwey meil von dar ein gar geschickter balbirer were, so alle tag arm undt bein einrichtete. Wie ich hörte, daß er eine so große experientz hatte, setzte ich mich in calesch undt fuhre hin, litte große schmertzen unterwegens; so baldt er mir aber den arm wider eingericht hatte, fühlte ich gar keine schmertzen mehr, setzte mich derowegen wider in calesch undt fuhre im vollem drab her. Andern tags kammen Monsieur undt meine balbirer die curiositet ahn, zu sehn, ob mein arm recht eingericht war (ich glaube, es mischte sich auch ein wenig neidt mitt unter, daß der bawer es so woll gemacht hatte), gehen undt machen dießen armen man weiß, das, wen er nicht gleich nach meinem arm sicht, könte der kalte brandt dazu schlagen. Der arme bawer lest sich von den bößen balbirer überreden, macht mir den arm loß, so 9 tag hette sollen verbunden bleiben, bewegen mir den arm hin undt her, verbinden mich so übel, daß man andern tags wider alles auffmachen muß, welches mir eine solche abscheüliche geschwulst auff die handt undt den arm gezogen, daß ich noch auff dieße stunde die faust nicht zu thun kan, noch die handt zum mundt führen; konte doch beydes thun, wie die verfluchte balbirer mir den ersten apareil abgethan hatten. Seyder gestern nimbt die geschwulst ein wenig ab, aber ahnstatt das, wen die balbirer meinen bawern hetten gewehren laßen, ich jetzt gantz courirt würde geweßen sein, werde ich noch lenger, alß einen gantzen monat, in der verfluchten balbirer hände sein müßen. Außer aber dießer geschwulst, so ich noch habe, bin ich im überigen in gar volkommener gesundtheit. Hirmit, liebe Louisse, wist Ihr nun gar perfect meinen zustand. [088] Ihr habt mir, liebe Louisse, einen rechten gefallen gethan, zu berichten, waß Ihr in Engellandt gesehen. Über die wunderliche commedie von Psiche habe ich recht lachen müßen. Schreibt mir, ob Ihr diß gekritzel recht habt leßen können! Danckt den duc de Schonberg von meinetwegen vor sein compliment, wie auch Amelisse, undt ambrassirt dieße von meinetwegen! Mein arme lincke potte ist müde, kan also nichts mehr sagen, liebe Louisse, alß daß in welchem standt ich auch sein mag, so werde ich doch, so lang ich lebe, Eüch von hertzen lieb behalten.
P. S.
Auß was ich Eüch im endt meines schreibens gesagt, werdet Ihr, liebe Louisse, ersehen haben, das ich so woll Ewer schreiben vom 25 May v. st. zu recht entpfangen, alß daß vom 11/21 May; ist mir recht leidt, das ich nicht vollig drauff andtwortten kan.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 21. Juni 1697 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 1 (1867), S. 86–88
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d01b0050.html
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