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Brief vom 19. Juli 1697

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


51.


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A mad. Louisse, raugrävin zu Pfaltz.

St Clou den 19 Julli 1697.
Hertzliebe Louisse, vergangenen sontag abendts bin ich mitt zwey von Ewern lieben brieffen erfrewet worden vom 18/28 Juni undt vom 25 st. v., habe aber ohnmöglich eher, alß heütte, drauff andtwortten können; den weillen ich noch gar große schmertzen ahn meinem arm habe, kan ich ohnmöglich viel brieffe auff einmahl schreiben. Vergangenen montag war die post von Savoyen, dinstag kamme mein herr von Marly wider undt hatte den gantzen tag vissitten, alle envoyes kammen zu mir, mittwogen war die post von Modene undt gestern die hannoverische, ist mir also kein tag alß heütte zu schreiben überblieben. Umb nicht zweymahl von einerley zu reden, will ich bey dem frischten brieff meine antwort ahnfangen. Ich wuste woll, daß ich nicht hübsch mitt der lincken handt schreiben konte; befliße mich also nur, es so zu machen, daß es leßlich sein konte. Freylich were es beßer geweßen, wen man den gutten bawern hette gewehren laßen, so were ich all lengst courirt; nun aber werde ich vielleicht all mein leben lahm [089] bleiben; den die stärcke kompt nicht wieder undt fühle continuirliche schmertzen. Wie man mir daß erste mahl den arm so unöhtiger weiß auffbundt, war der schmertzen so groß, daß, ob es zwar selbigen tag gar nicht warm war, schwitzte ich doch gar starck vor schmertzen; suma, die herren balbirer haben ihr mühtgen ahn mir gekühlt undt ich were es noch gar lang entpfinden. Die umbständen von meinem fall will ich Eüch gar baldt sagen; wir waren 2 stundt gewest, ohne einen wolff zu finden, gingen den schrit, einen andern zu suchen; einer zu pferdt rent ohngefehr bey mir vorbey, daß gibt meinen pferdt ardeur, es will folgen; ich halte es ein, es will sich cabriren, ich laßen zügel schießen undt threhe die handt, umb weitter zu reitten. Mein pferdt war auff einer kleinen höhe mitt den hindern füßen auff daß naße graß, die zwey hinderfüß glitzschen dem pferdt auß, es felt sagte auff die rechte seytte, ich finde just einen stein, worauff mein ellenbogen mitt der schpitze kompt, daß verengt mir den großen knochen undt setzt mir ihn mitten im arm. Man sucht deß königs balbirer, den arm wider einzurichten; selbigen funde man nicht, den er hatte ein huffeißen verlohren, war weit in ein dorff geritten, sein pferdt beschlagen zu laßen. Ein bawer sagt mir, sie hetten in seinem dorff ein balbirer, so die ärm woll einrichte. Ich fuhr hin; in der that, dießer bawer richtet mein arm gar woll ein undt were in 14 tagen geheyllet geweßen, wen die hoffbalbirer ihre kunst nicht ahn mir versucht hetten, wovon ich glaube, daß ich lahm bleiben werde. Daß eintzig, daß mich nur noch tröst, ist, daß ich die finger genung rühren kan, umb die feder zu halten undt zu schreiben; habe also nicht von nöhten, mich einiger andern handt zu gebrauchen. Weillen ich glaube, daß Ihr nun in Hollandt sein werdet, so werde ich dießen brieff ahn mr Amirault schicken. Mich wirdt sehr verlangen, zu vernehmen, daß Ihr glücklich in Hollandt werdet ahngekommen sein; den daß meer ist ein ellement, von welchem ich gar nichts halte. Seekranck sein, geht woll hin; den wen man zu landt ist, wirdt man nur desto gesundter hernach; aber sturm außzustehen undt nicht sicher zu sein, mitt dem leben davon zu kommen, daß ist etwaß heßliches. Ihr undt Amelisse, liebe Louisse, werdet alß gereiste leütte viel verzehlen können, wen Ihr wider in Teütschlandt sein werdet. Der printz undt die princes von Denemarck reißen sie nach Ronebridge wegen ihre gesundtheit undt umb in [090] der that den sawerbrunen zu drincken oder nur vor divertissement, wie man in Teütschlandt thut? Daß Eüch daß Teütschlandt noch über andere länder geht, liebe Louisse, ist gar naturlich; waß man gewohnt, gefelt einem immer beßer, alß waß frembt ist, undt daß vatterlandt steht unß Teütschen allezeit ahm besten ahn. Amelisse ambrassirt von meinetwegen! Hirmitt ist Ewer letztes schreiben durchauß beantwortet, liebe Louisse! Ich komme jetzt auff daß erste vom 18/28 Juni. Ich sage nichts mehr über daß Ihr Eüch eingebildt, eher von Londen zu ziehen, weillen ich schon weiß, daß es noch nicht geschehen, alß Ihr mir den 25 st. v. geschrieben. Ich habe schon gesagt auch, daß ich dießen brieff ahn monsr Amirault adressiren wolle. So baldt Ihr mir von Franckfort auß werdet geschrieben haben, wirdt meine antwort nach Hannover geschickt werden, will aber auch mitt einem einen andern brieff ahn Eüch schreiben undt über geraden weg nach Franckfort schicken; wir werden alßdan [sehen], welcher von beyden brieffen ahn geschwinsten ahnkommen wirdt, undt alßden dießen weg behalten. Von meinem arm werde ich weitter nichts sagen; den ich habe schon volligen nachricht davon geben. Madle de Malauze deücht mir in ihren brieffen recht betrübt zu sein, Ewere geselschafft zu verliehren. Es ist mir recht lieb, daß Ihr so content von einander seydt undt ich Eüch also keine böße kundtschafft geben habe. Ich bin versichert, daß es Eüch gantz wirdt attandrirt haben, Ewere neuveus undt niesen zu quittiren. Meledy Straffort kene ich gar wenig, habe sie nur zwey oder 3 mahl gesehen, habe sie aber von die, so sie kenen, sehr estimiren hören; solle gar gotsförchtig sein. So ein man, wie sie gehabt, were woll vor Eüch andern zu wünschen. Es ist ein schlim zeichen vor die lander, wo man fragt, ob die, so sie heürahten können, reich sein; den daß weist, daß man wenig nach tugendt fragt. Ich glaube, daß Engellandt nicht der eintzige ort ist, wo böße ehen undt wunderliche männer sein; wer die nicht finden will, müste die welt raumen, undt wer lust zu heürahten hette, müste mich nicht consultiren; den ich bin nie vor den ehestandt. Ich wünsche, daß gott der allmachtige, liebe Louisse, vor Eüch undt Amellisse möge vorsehen haben, waß zu Ewer beyderseits volkommenen glück undt vergnügen gereichen möge; ich aber werde jederzeit meine freündtschafft noch affection vor Eüch behalten, wie es so woll die estime, so ich vor Eüch habe, alß auch [091] daß geblüdte erfordert; könt also, so lang ich lebe, auff meine freündtschafft bawen.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 19. Juli 1697 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 1 (1867), S. 88–91
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d01b0051.html
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