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Brief vom 4. September 1697

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


52.


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A mad. Louisse, raugraffin zu Pfaltz, a Franckfort.

St Clou den 4 September 1697.
Hertzliebe Louisse, vergangenen freitag zu Marly umb 9 abendts habe ich Ewer schreiben vom 7/17 Augusti zu recht in ma tante paquet entpfangen, aber ohnmöglich die sontagspost drauff antwortten können, weillen ich selbigen tag einen gar großen [brief] ahn ma tante, die fraw churfürstin, undt noch einen ahn ma tante, die fraw abtißin von Maubisson, zu schreiben gehabt habe undt noch einen nohtwendig nach Paris, undt wen ich zu viel mitt meiner rechten handt schreibe, welche noch matt ist, thut es mir hernach wehe im arm; habe also ohnmöglich ahn Eüch schreiben können eher, alß nun. Ist mir lieb, zu vernehmen, daß Ihr einmahl wider glücklich zu Franckfort ahngelangt seydt. Mons. Amyrault hatt mir geschrieben, wie es mitt meinem paquet gangen ist. Ich kan mir leicht einbilden, daß bey Ewer ahnkunfft alle Ewere gutte freünde zu Franckfort nicht werden manquirt haben, zu Eüch zu kommen. Es ist mir leydt auff alle weiß, daß Ihr nicht lenger habt im Haag bleiben können. Ich erinere mich deß Haags noch gar perfect undt habe es allezeit einen gar ahngenehmen ort gefunden. Den vorwitz, Reissewick mitt den plenipotentier zu sehen, hette ich auch woll gehabt. Gott gebe, daß sie einen gutten undt beständigen frieden außwircken mögen! Ewere neuveus undt nieçe dauern mich recht, so betrübt bey Ewerm abschidt geweßen zu sein, undt noch viel mehr, daß sie in eines so wunderlichen vatters handt verbleiben. Es würde mir gar nicht beschwerlich gefallen sein, wen Ihr, liebe Louisse, mir die umbständt berichtet hettet von Ewer dortiges leben. Daß er gar wunderlich ist, weiß ich lengst; sein eigener bruder, graff Carl s., hatt mir es gesagt. Ich meinte aber, daß dießes nur seiner gemahlin, aber nicht seinen geschweyen ahngehen könte. Es ist woll war, daß der ledige standt der beste ist, undt der beste man deucht den teüffel nicht. Amelisse reflectionen haben [092] mich von hertzen lachen machen undt die wehren woll gutt, wen es bey unß stünde, nicht geheüraht zu werden, undt wir unßern freyen willen hetten; allein ich bin persuadirt, daß alles destin ist undt es gar nicht bey unß stehet, zu thun, waß man gerne wolte. Liebe in den ehestandt ist die mode gar nicht mehr; die einander recht lieb haben, passiren vor ridiculle. Die catholischen hir laßen den heüraht in ihrem cathegisemus vor ein sacrement passiren, in der that aber leben sie mitt ihre weiber wie die, so nicht glauben, daß es ein sacrement seye, undt noch waß ärger; nichts wirdt mehr aprobirt, alß daß die mäner galanterien haben undt ihre weiber verachten. Aber umb nicht zu weit in dießem text zu kommen, so will ich lieber von meinem arm sprechen; meine handt ist noch schwach undt leyde täglich schmertzen in der axsel, kan auch den arm nicht auff den rucken legen noch herumb trehen, jedoch so verspricht man mir, daß ich werde mitt der zeit courirt werden undt nicht lahm bleiben; ich aber zweyffle dran undt fürcht sehr, daß ich all mein leben bleiben werde, wie ich nun bin. Solte auch mein leben drauff bestehen, würde man mich woll nicht in ein badt außer dießes königreich reißen laßen, undt über daß so seindt noch viel bäder hir in Franckreich, so gutt sein; darff mich also gar nicht flattiren, daß man mich in Teütschlandt reißen ließe. Barege undt Bourbonne seindt die bäder, so man hir zu lande braucht. Ich fürchte, daß es sich schicken könte, daß ich woll madle de Malauze eher, alß Eüch, zu sehen bekommen konte; zum exempel wen durch den frieden geschloßen würde, daß freyheit der religion in Franckreich were, würde alßden madle de Malauze nicht widerkommen, da ist woll nicht ahn zu zweyfflen; aber wie wir einander einsmahl widersehen könten, were, wen mein dochter in Teütschlandt oder Lotheringen würde verheüraht werden undt ich sie besuchen solte; alßden könte ich Eüch rendevous geben. Daß würde mir ein rechte freüde undt trost sein, wen ich Eüch undt Amelis ambrassiren könte undt mündtlich versichern, daß ich Eüch von hertzen lieb habe.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 4. September 1697 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 1 (1867), S. 91–93
Onlinetext URL: http://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d01b0052.html
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