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Brief vom 10. November 1697

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


54.


[094]

A mad. Louise, raugraffin zu Pfaltz, a Franckfort.

Paris den 10 November 1697.
Hertzallerliebe Louisse, vergangen freitag habe ich Ewern lieben brieff in ma tante paquet gefunden, vom 16/26 October. Mein arm ist nun so weit wider woll, daß ich ihn zwar wider regen kan undt threhen wie den andern, allein wo mir die balbirer den arm so verkält haben, alß nehmblich oben in der axel, habe ich noch einen wettercallender; insonderheit wen es regnen will, so laßen sich noch ein wenig schmertzen entpfinden, aber sonsten thut er mir gar nicht mehr wehe. Ich hoffe, daß das florentinische öhl, so mir bißher so woll bekommen, mich ferner couriren wirdt. Nun es überal frieden ist, könt es sich gar woll zutragen, daß wir einander wider zu sehen bekommen könten. Man muß nie die hoffnung verliehren. Wen in der that solte war wehren, waß vor ein par monat in geschrey gangen, nehmblich daß mein tochter hertzogin von Lotheringen werden solte, so könte es sich ja leicht zutragen, daß wir einander rendevous zu Nancy geben könten; zweyffele gar nicht, liebe Louisse, daß Ihr, Amellisse undt ich gar woll mitt einander zu recht kommen würden. Ihr werdet nun albereits erfahren haben, wie daß der frieden mitt dem keyßer undt reich nun auch geschloßen undt unterschrieben ist. Es muß ein sonderliche vermalledeyung auff den generalfrieden sein, daß er schir nirgendts mitt freüden ahngenohmen wirdt, ob er zwar schon so gar lang ist gewünschet worden; den der pöpel zu Paris hatt sich auch nicht drüber erfrewen wollen, man hatt sie schir dazu zwingen müßen. So baldt glaube ich nicht, daß der krieg wider ahngehen wirdt. In Poln, glaube ich, wirdt auch kein großer krieg werden; den man sagt, daß es nicht woll dortten vor unßern printz de Conti gehe, [095] I. L. mögten woll baldt wider herkommen, worin ich I. L. vor glückseeliger schatzen würde, alß wen er könig in Poln würde; den es ist ein schmutzig undt wildt landt undt die große herren gar zu interessirt. Wir haben den churfürsten von Saxsen zwey jahr lang hir gehabt, kene also seine stärcke woll, allein es ist wunderlich, daß man davon in den zeittungen spricht. Man könte nicht so viel von printz de Conti sagen; den ob er zwar länger von person, alß der churfürst ist, ist er doch gar schwach. Ich glaube nicht, daß es dazu kommen wirdt, daß Carl Moritz in Poln muß; die sach wirdt sich eher schlichten. Ich werde ordre ertheyllen wegen der contrefaitten. Warumb habt Ihr mich nicht eher dran gemant? Ich gestehe, daß ich es gantz undt gar vergeßen hatte. Nun es überall frieden, wirdt keine difficultet mehr sein, wie ich glaube, die contrefaitten nach Franckfort zu bringen, wen es gleich nicht durch den graffen von Hannaw ginge. Ich glaube auch, daß ich hinfüro meine brieffe nur geraht nach Franckfort werde schicken können undt daß sie geschwinder gehen werden. Versucht es undt schreibt mir ein brieff auff die post! undt ich werde drauff andtwortten; alßden werden wir sehen, ob es geschwinder gehen wirdt, alß über Hannover, undt werden unß darnach richten können. Wie ich sehe, so liebt Ihr daß spiellen eben so wenig alß ich. Lombre ist sehr a la mode hir; man spilt nichts alß landsknecht undt lombre hir im landt. Daß dantzen ist waß rarers; glaube aber, daß es wider auffkommen wirdt; den die zukünfftige duchesse de Bourgogne dantzt über die maßen woll. Man kan woll bey dem bal sein ohne dantzen. Schreibt mir doch, liebe Louisse, wie der hertzog von Lotheringen außsicht undt waß vor einen humor er hatt! Ihr sagt zwar, daß er viel gedantzt hatt, aber nicht, ob er woll dantzt undt gutte minen hatt. Der cavalier, so die blinde kühe proponirt, bin ich versichert, ist nicht der von der compagnie, so daß schlimbste gemühte hatt, muß von unßern zeitten sein; den zu unßer zeit spilte man lang spielger. Etlich mahl seindt avanturen, so divertiren, ob man schon die leütte nicht kent; drumb schreibt mir nur fort, waß newes vorgeht! Die große mode hir nun ist, einen starcken husten zu haben; ich bin 8 tag hart dran fest geweßen, habe nicht auß der cammer gekönt, Monsieur hatt es nun auch. Mir war es kein wunder; den hir zu Paris kan ich nie gesundt sein, habe daß exempel seyder 26 jahren. Aber man rufft mir in dießem [096] augenblick, vmb in die kirch zu gehen; den es ist sontag heütte. Nach der kirch werden wir monsieur le Dauphin hir haben, so mitt unß zu mittag eßen kompt, wirdt hernach landsknecht spiellen undt abendts werden wir alle mitt einander ins opera. Daß, so man jetzt spilt, ist zwar nur ein balet, aber recht artig. Es heißt L’Europe galante. Man erweist drin, wie die Frantzoßen, Spanier, Ittalliener undt Turquen amour machen; der nationen humor ist aber so perfect drin observirt, daß es recht possirlich ist. Adieu, liebe Louisse! Ich ambrassire Eüch sambt Carl Moritz undt Amelisse von hertzen undt versichere Eüch, daß ich Eüch von hertzen lieb behalte.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 10. November 1697 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 1 (1867), S. 94–96
Onlinetext URL: http://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d01b0054.html
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