Seitenbanner

Brief vom 5. Dezember 1697

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


55.


[096]

A mad. Louise, raugräfin zu Pfaltz, a Franckfort.

Versaille den 5 Dezember 1697.
Hertzliebe Louisse, gestern habe ich in ma tante paquet Ewer schreiben vom 9/19 November gefunden, aber waß mir ma tante von oncles leyder so gar ellenden zustandt bericht, macht mich fürchten, daß I. L. noch nicht recht außer gefahr sein, undt daß setzt mich in rechten sorgen. Zu Ewerm wunsch vor oncle undt tante sage ich woll von grundt meiner seelen amen. Nach allem ahnsehen wirdt der frieden nirgendts große freüde erwecken. Wen wünschen waß helffen könte, würde alles woll anderst hergehen, alß man nun sicht. Ich weiß nicht, ob es nicht beßer vor mich undt vor meinem sohn were, daß er noch einige campagne thun könte; den diß landt ist greülich verführisch vor junge leütte undt sie erwerben mehr ehre im krieg, alß hir nichts zu thun, alß herumb zu schlendern undt zu desbauchiren, wozu, unter unß gerett, mein sohn nur gar zu viel inclination hatt, undt meint, weillen er nur die weiber lieb hatt undt nicht von der andern desbauchen ist, so jetzt gemeiner hir ist, alß in Ittallien, so meint er, man solle ihn noch dazu loben undt danck wißen; mir aber steht sein leben gar nicht ahn. So baldt ich Ewer schreiben gestern entpfangen, bin ich gleich bey Monsieur zu raht gangen, umb zu sehen, ob nichts bey S. M. dem könig zu erhalten seye. Er hatt mir aber leyder blat herauß gesagt, daß es der könig nicht thun würde; den er [097] woll von kein dedomagement sprechen hören, hatt auch seinen ambassadeurs befohlen, ehe den frieden zu brechen, alß von einig dedomagement zu reden hören, darffe also jetzt nichts davon reden; allein schickt mir ein frantzösch memoire mitt größerm detail, alß diß teütsche ist, von Ewern pretentionen! Daß will ich behalten undt wen ich den könig einmahl in guttem humor finden werde, will ich ihm in lachen sagen, er solte mir woll wider restutieren [? restituieren], waß er meinen armen raugraffinen geschadt hette, undt ihm daß memoire weißen. Wer weiß, ob daß nicht waß nutzen wirdt? Waß Monsieur ahnbelangt, so habe ich ihm blat herauß [gesagt], daß er Eüch noch schuldig seye. Er sagt, ich solle ihm ein memoire geben, er wolle es examiniren; werde also ein extrait auß Ewerm zettel ziehen undt solches I. L. geben undt es starck ahm cantzler undt meines herrn rähte recommandiren. Daß ist alles, liebe Louisse, waß ich bey der sachen thun kan. Wolte gott, alles stünde bey mir! so würdet Ihr baldt in alles ein völlig vergnügen haben; den seydt versichert, daß ich nie meine interesse Ewer freündtschafft vorziehen werde! Die unßer armes vatterlandt so lange jahren eingehabt, haben sich woll dabey befunden; drumb wollen sie nichts wider davon geben von dem, so sie gezogen haben. Ich allezeit habe keinen heller davon bekommen; waß Monsieur auch in meinem nahmen bekommen, da werde ich auch wenig von zu sehen bekommen. So seindt die frantzösche heüraht; die mäner seindt allezeit herr undt meister über alles, waß ihre weiber gehört; ich bins gewahr worden. Daß memoire, so Ihr mir auff frantzösch schicken werdt, muß sich ahn den könig adressiren undt gar respectueux geschrieben sein, aber es muß expresse drin stehen, daß Ihr nichts von dem Ewerigen genoßen, so lang der könig die Pfaltz gehabt hatt. Schickt mir es, so baldt möglich sein wirdt! Mich deücht, es were auch nicht übel gethan, die ambassadeurs im Haag drüber zu sondiren, damitt die sach dem könig nicht zu neüe vorkommen möge, wen ich I. M. davon sprechen werde. Daß ist alles, waß ich Eüch vor dißmahl sagen kan; ambrassire Carl Moritz undt Amelis undt behalte Eüch alle 3 allezeit sehr lieb.
[098]
Impressum
Datenschutz
KontaktPost
Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 5. Dezember 1697 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 1 (1867), S. 96–98
Onlinetext URL: http://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d01b0055.html
Änderungsstand:
Tintenfass