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A mad. Louise, raugräfin zu Pfaltz, a Franckfort.
Versaille den 5 Dezember 1697.
Hertzliebe Louisse, gestern habe ich in ma tante paquet Ewer
schreiben vom
9/
19 November gefunden, aber waß mir ma tante
von oncles leyder so gar ellenden zustandt bericht, macht mich
fürchten, daß I. L. noch nicht recht außer gefahr sein, undt daß
setzt mich in rechten sorgen. Zu Ewerm wunsch vor oncle undt
tante sage ich woll von grundt meiner seelen amen. Nach allem
ahnsehen wirdt der frieden nirgendts große freüde erwecken. Wen
wünschen waß helffen könte, würde alles woll anderst hergehen, alß
man nun sicht. Ich weiß nicht, ob es nicht beßer vor mich undt
vor meinem sohn were, daß er noch einige campagne thun könte;
den diß landt ist greülich verführisch vor junge leütte undt sie
erwerben mehr ehre im krieg, alß hir nichts zu thun, alß herumb zu
schlendern undt zu desbauchiren, wozu, unter unß gerett, mein
sohn nur gar zu viel inclination hatt, undt meint, weillen er nur
die weiber lieb hatt undt nicht von der andern desbauchen ist, so
jetzt gemeiner hir ist, alß in Ittallien, so meint er, man solle ihn
noch dazu loben undt danck wißen; mir aber steht sein leben gar
nicht ahn. So baldt ich Ewer schreiben gestern entpfangen, bin
ich gleich bey Monsieur zu raht gangen, umb zu sehen, ob nichts
bey S. M. dem könig zu erhalten seye. Er hatt mir aber leyder
blat herauß gesagt, daß es der könig nicht thun würde; den er
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woll von kein dedomagement sprechen hören, hatt auch seinen
ambassadeurs befohlen, ehe den frieden zu brechen, alß von einig
dedomagement zu reden hören, darffe also jetzt nichts davon reden;
allein schickt mir ein frantzösch memoire mitt größerm detail, alß
diß teütsche ist, von Ewern pretentionen! Daß will ich behalten undt
wen ich den könig einmahl in guttem humor finden werde, will ich ihm
in lachen sagen, er solte mir woll wider restutieren [? restituieren],
waß er meinen armen raugraffinen geschadt hette, undt ihm daß
memoire weißen. Wer weiß, ob daß nicht waß nutzen wirdt? Waß
Monsieur ahnbelangt, so habe ich ihm blat herauß [gesagt], daß er
Eüch noch schuldig seye. Er sagt, ich solle ihm ein memoire geben,
er wolle es examiniren; werde also ein extrait auß Ewerm zettel
ziehen undt solches I. L. geben undt es starck ahm cantzler undt
meines herrn rähte recommandiren. Daß ist alles, liebe Louisse,
waß ich bey der sachen thun kan. Wolte gott, alles stünde bey
mir! so würdet Ihr baldt in alles ein völlig vergnügen haben; den
seydt versichert, daß ich nie meine interesse Ewer freündtschafft
vorziehen werde! Die unßer armes vatterlandt so lange jahren
eingehabt, haben sich woll dabey befunden; drumb wollen sie nichts
wider davon geben von dem, so sie gezogen haben. Ich allezeit
habe keinen heller davon bekommen; waß Monsieur auch in
meinem nahmen bekommen, da werde ich auch wenig von zu sehen
bekommen. So seindt die frantzösche heüraht; die mäner seindt
allezeit herr undt meister über alles, waß ihre weiber gehört; ich bins
gewahr worden. Daß memoire, so Ihr mir auff frantzösch schicken
werdt, muß sich ahn den könig adressiren undt gar respectueux
geschrieben sein, aber es muß expresse drin stehen, daß Ihr nichts
von dem Ewerigen genoßen, so lang der könig die Pfaltz gehabt
hatt. Schickt mir es, so baldt möglich sein wirdt! Mich deücht, es
were auch nicht übel gethan, die ambassadeurs im Haag drüber zu
sondiren, damitt die sach dem könig nicht zu neüe vorkommen
möge, wen ich I. M. davon sprechen werde. Daß ist alles, waß ich
Eüch vor dißmahl sagen kan; ambrassire Carl Moritz undt Amelis
undt behalte Eüch alle 3 allezeit sehr lieb.
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