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Brief vom 26. August 1698

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


66.


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A mad. Louisse, raugraffin zu Pfaltz, a Franckfort.

St Clou den 26 August 1698.
Hertzliebe Louisse, gestern abendts habe ich Ewer schreiben vom 9/19 dießes monts entpfangen. Es deücht mir, es seye geschwinder kommen, alß die andern ordinari kommen. Lenor bildt sich ein, daß ich ihr 300 francken erspare, indem ich ihr secretarius bin. Mein leben habe ich nicht reimen können; wie ich aber vergangen jahr den arm außeinander gefahlen hatte undt sonsten nichts thun konte, ist mir daß liedermachen ahnkommen, habe [115] deren 3 oder 4 auff frantzosch, all schlim genung, gemacht undt ahn ma tante, der churfürstin von Braunsweig, geschickt. Mitt dem armwehe ist meine vaine poetique wider vergangen. Deß keyßer Carl kopffwaßer ist mir noch nicht zu händen kommen, dancke Eüch aber, liebe Louisse, vor die mühe, so Ihr Eüch deßwegen geben habt. Daß, so ich so gutt finde undt mir madame Magercroon, deß dänischen envoyes fraw, geben, ist gar nicht rohtlich, sondern weiß wie brunenwaßer; es ist daß eintzige, welches mich zu Paris erhelt, wo ich allezeit kopffwehe habe. Etwaß vor den schlagfluß were hir woll von nöhten; den dieße kranckheit wirdt gar gemein hir. Vor 9 tagen ist eine dame hir ahn Einem stutz dran gestorben, welche ich woll von hertzen beweinet habe; den sie war gar meine gutte freündin. Sie hieße la princesse Depinois undt war von hauß de Rohan. Hir seindt die cavaliérs nicht so verbicht auff die damen, daß sie sie enleviren. Ich meinte, die Engellander wehren auch wie die Frantzoßen. Dem trierischen residenten ist es mitt seiner tochter gangen, wie daß holländisch sprichwort raht und sagt, man soll den pot scheümen oder er scheümbt sich selbst, seine tochter trawen oder sie traut sich selbst. Es ist billig, daß alle Pfältzer undt Pfaltzerinen so ihrem churfürsten gehen. Waß pretendirt den dießer churfürst, mehr zu sein, alß mein herr vatter war? Daß kompt mir possirlich vor. Man kan, glaube ich, in jetzigen [zeiten] woll vollig außsprechen, wie der apostel Paulus sagt : Schicket eüch in die zeit! den es ist böße zeit. Die churfürstin zu Pfaltz gleicht ihrer fraw mutter nicht, wie ich sehe; den die hatt gern, daß man lustig ist. Der fraw von Schelm raisonement ist gar raisonabel. Ihr werdet mir einen gefahlen thun, eine relation von Ewer Weinheimer reiß zu thun. Heütte haben wir ein greülich gethuns; den man wirdt mademoiselle de Chartre, madame de Chartre letztes dochtergen, hir tauffen; monsieur le Dauphin undt die duchesse de Bourgogne werden es auß der tauff heben; unßer könig, der könig undt die königin in Engellandt undt der gantze hoff werden sich dabey befinden. Weillen es baldt ahngehen wirdt, werde ich Eüch vor dießmahl nichts mehr sagen, alß daß ich Eüch von hertzen ambrassire undt Amelisse auch undt Euch allezeit lieb behalte.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 26. August 1698 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 1 (1867), S. 114–116
Onlinetext URL: http://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d01b0066.html
Änderungsstand:
Tintenfass