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Brief vom 27. September 1698

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Amalie Elisabeth zu Pfalz


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[116] Ich habe niemahlen keinen alten margraffen von Ahnspach gekandt. Der, so meines bruders s. gar gutter freündt war, war noch ein gantz junger herr; ich glaube nicht, daß er 30 jahr alt war, wie er gestorben ist. Er wahr woll geschaffen, allein sein verstandt stimbte nicht mitt seiner figur überein; den es war der abgeschmackeste undt soteste herr, den ich mein leben gesehen habe. Ich fürchte, sein sohn wirdt nicht mehr verstandt haben, alß der herr vatter. Ich habe ihn noch nicht gesehen, allein ein souverain macht schlime figure in Franckreich. Ihr thut woll, den pfaltzischen hoff zu meyden, weillen man Eüch so wenig distinguirt. Ich habe schon meine meinung hirüber ahn Louisse geschrieben, wie Ihr auß meinem letzten brieff werdet gesehen haben. Daß paucken undt trompetten ist ein alter teütscher brauch; dieß finde ich nicht übel eben. Bey dem alten hertzog August von Braunsweig stundte der bauker in einer galerie vor deß hertzogs cammer undt so baldt der hertzog auß seinem apartement ging, paukte man; daß funde ich zu viel, aber im außfahren stehet es nicht übel. Daß keine cadets von fürstlichen heüßern mitt dem churfürsten eßen, finde ich recht unbillig. Mein gott, weßwegen habt Ihr doch mißgönners? Den Ihr steht ja niemandes in den weg. Ich habe der churfürstin zu Pfaltz juwellen gesehen, auff papir gemahlt, darauff scheinen sie über die maßen schön sein; man sagt aber, daß sie nicht rein noch perfect sein. Ich bin fro Ewerthalben, liebe Amelisse, daß man die comedien zu Franckfort erlaubt hatt; wünsche, daß Ihr Eüch woll in der meß divertiren möget. Ihr werdt mir einen rechten gefahlen thun, mir zu berichten, wie es dort hergehen wirdt. Ich habe gehört, der churfürstin zu Pfaltz liebe gegen ihrem herren were so starck, daß es offt auff eine jalousie außlaufft; drumb folgt sie dem churfürsten gewiß so überall nach. Ich weiß dem churfürsten danck, nicht mistrawisch zu sein undt einen reformirten docktor zu haben. Waß sagen aber die herrn Jessuwitter hirzu? Mein gott, liebe Amelisse, seydt doch nie in keinen sorgen, wen Ihr mir naturlich schreibt! Daß kan man nie abgeschmackt heißen, contrarie, daß ist woll geschrieben undt so habe ichs recht gern. Da kommen viel leütte undt wollen mich sprechen, meine 2 [117] vettern von Heßen, wie auch pfaltzgraff Christian, madame la princesse undt zwey von I. L. dochtern, muß derowegen in großer eyll schließen, habe nicht einmahl der zeit, mein gekritzel zu überleßen undt zu corigiren. Adieu, liebe Amelisse! Ich ambrassire Eüch undt Louisse von hertzen undt habe Eüch recht lieb.
St Clou den 27 September 1698.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 27. September 1698 von Elisabeth Charlotte an Amalie Elisabeth zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 1 (1867), S. 116–117
Onlinetext URL: http://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d01b0067.html
Änderungsstand:
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