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Brief vom 20. März 1699

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


75.


[127]

A mad. Louise, raugräffin zu Pfaltz, a Franckfort.

Port royal den 20 Mertz 1699.
Hertzliebe Louisse, gestern habe ich Ewern lieben brieff vom 28 Februar – 9 Mertz entpfangen; will heütte gleich drauff antworten, damitt es mir nicht gehen möge wie schon unterschiedtliche mahlen undt immer möge verhindert werden; drumb schreibe ich Eüch hir im closter. Letzt mahl hatte ich mir vorgenohmen, Amelise einen großen brieff zu schreiben undt ordentlich auff ihre 3 schreiben zu andtworten; allein es kammen mir so viel verhindernüßen, daß ich nur mitt mühe ein klein brieffgen schreiben konte; hir aber, da ich niemandes sehe, alß meine gutte freündin, die comtesse de Beuveron, da kan ich schreiben, so lang ich will, werde also gar exact auff Ewer schreiben antwortten. Durch meine antwort werdet Ihr ersehen haben, liebe Louisse, wen abé de Thesut hir ahnkommen. Alle abendts spilt er mitt damens hir vor mir a lombre. Es ist kein wunder, daß Ihr bey dießem, so zu sagen, wider gantz nagelneüen Winter verschnupt seyt; den seyder 14 tagen ist der winter undt die kälte stärcker eingefallen, alß nie. [128] Amelisse hat gar exacte relation gethan von waß zu Franckfort bey den freüdenfest vorgangen; daß hatt mich recht amussirt. Ich muß gestehen, daß es mich recht von hertzen erfrewet hatt, daß unßere printzes Amelie, jetzt römische königin, so woll reussirt undt eine so große passion bey ihrem könig verursachet hatt. Ich dachte woll, daß, wen I. M. dero gemahlin tugendt undt verstandt einmahls kenen würden, daß sie sie alßdan lieben undt estimiren würden; aber daß ihre figure so eine passion verursachen würde, daß, gestehe ich, habe ich mich gar nicht versehen. Gott gebe, daß dieße passion lange jahren dauern möge! Wen wünschen waß dazu thun könte, würde dieße königin gewiß nie unglücklich werden. Wie Ihr undt Amelise mir Ewere assambléen beschreibt, ist es gar nicht langweillig; den ich sehe nicht, daß Ihr vill zwang dabey habt. Ihr sagt nicht, welche spielger man gespilt hatt; es wirdt ja nicht blinde kuhe undt versteckels geweßen sein, wo man frey undt schwetzen undt lachen darff; da macht man sich viel lustiger bey, alß wen man bey großen festen ist, wo man nicht lacht undt gar stammig sein muß. Wie Ihr mir den landtgraffen von Rheinfels beschreibt, unter unß gerett, so muß er ein wenig geschoßen sein. Daß erfrewet die compagnien, wen sich etliche zancken, alß wie dießer landtgraff undt die alte gräffin von Hohenloh. Wie kompts, daß diß jahr alles stiller zu Düßeldorff hergangen ist? Die mesalliançen choquiren mich immer. Es ist schadt vor daß wittgensteinsche hauß, daß sie sich so mißheürahten; den sie seindt doch gar gutte alte graffen. Man sichts dem Wießer woll ahn, daß er undt seine fohrfahren mehr mitt der feder, alß mitt degen, gefochten haben, aber solche heüraht gerewen meistentheils. Es were schadt, wen dieße mode in Teütschlandt auffkommen solte; den daß haben die teütschen heüßer über andere nationen, daß daß geblütt nobler undt purer ist. Von der saxsischen prophezeyung habe ich nichts gehört, allein es wirdt keine geringe arbeyt sein, den Türcken auß Grichenlandt zu jagen, umb keyßer dort zu werden. Die entreprisse ist rumblich, die sach aber, glaube ich, ist nicht leicht ins werck zu stellen. Ich glaube, das die Königsmarckin sich eyllen muß, wo sie noch gefahlen will; den sie ist nun die jüngste nicht mehr. Vielleicht bringt sie dem könig seinen sohn in Poln in hoffnung, einen Amadis auß Grichenlandt auß ihm zu machen. Apropo von Amadis de Grece, wir werden nun baldt ein opera bekommen, [129] so dießen nahmen führt. Ich glaube leicht, daß Ihr der Königmarckin gar nicht mißgönt, deß königs in Poln maistresse zu sein. Wo ist Carl Moritz nun? Ist er wider zu Berlin, oder noch zu Wien? Wir haben hir nun viel teütsche fürsten; vorgestern hatte ich ein stück 6 umb mich herumb, pfaltzgraff Christian, den cardinal von Fürstenberg, den hertzog von Mecklenburg, ein printz von Sacksen Gotha, deßen fraw mutter, des fürsten von Waldecks dochter, den kleinen printzen von Anspach undt ein printz von Württenberg, deß administrators sohn, 4 teütsche graffen undt sonsten noch viel teütsche cavalliere; wir wahren 21 Teütschen in meiner cammer undt wurde mehr teütsch, alß frantzösch, gesprochen, wie Ihr woll gedencken könt. Morgen werde ich wider nach Versaille. Daß ist alles, waß ich Eüch vor dißmahl sagen werde. Amelisse ambrassire ich von hertzen undt behalte Eüch beyderseits sehr lieb.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 20. März 1699 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 1 (1867), S. 127–129
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d01b0075.html
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