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Brief vom 9. Juni 1699

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


85.


[148]

A mad. Louisse, raugräffin zu Pfaltz, a Franckfort.

Port royal den 9 Juni 1699.
Hertzliebe Louisse, dießmahl habe ich nicht so geschwindt andtworten können, alß ich gerne gewohlt; den es seindt mir hundert undt hundert hindernüßen vorgefahlen, hir aber hoffe ich, nicht interompirt zu werden. Wie ich letztmahl hir war, war mein intention, zu schreiben, nehmblich vergangen donnerstag; allein nachdem ich ahn ma tante, die fraw churfürstin von Braunsweig, geschrieben hatte, kamme mir von der hießigen lufft ein solch abscheülich kopffwehe ahn, daß ich ohnmöglich mehr schreiben konte, war auch den gantzen abendt recht kranck; wie ich aber wider nach St Clou kamme, spatzirte ich so lang in der gallerie herumb, biß mir endtlich mein kopffwehe verging. Die überige tage habe ich auch nicht wider zum schreiben gelangen können wegen der Pfingstfest, habe also biß heütte verschieben müßen. Nun aber will ich, liebe Louisse, ortendtlich auff Ewerem lieben brieff vom 16/26 May antwortten. Ich versichere Eüch, daß Ihr mir nicht mitt größern freüden [briefe] schreiben könt, alß ich sie entpfange, undt Ewere affection touchirt mich recht, auch sein wir einander ja nahe genung, umb unß lieb zu haben; auch schreib ich Eüch ja nicht, umb neüe zeittung zu haben, sondern nur umb zu erfahren, wie es mitt Eüch undt Ewer geschwister stehet; derohalben seydt in keinen sorgen, ob Ihr mir zwar nichts neües berichten könt! Es ist doch löblich von den hohenlohischen freüllens, daß sie zu hauß bleiben, da ihre mutter kranck ist, halten doch also doch noch einen decorum. Ihr thut woll, liebe Louisse, offt spatziren zu fahren; den die stattlufft kan im sommer nicht gesundt sein. Wan es ahns geben lege, Carllutz wider lebendig zu machen, so würde er es baldt sein; den ich würde nichts dran sparen undt ich werde ihn woll mein leben regrettiren; den ich ihn woll hertzlich lieb gehabt habe undt kan nicht lang ahn ihm ohne threnen gedencken. Ihr sagt woll, daß Carllutz seines oberstleüttenants fraw eine adelliche dame auß der Pfaltz ist, aber Ihr sagt nicht, von waß vor einem geschlegt sie [149] ist. Wen sie Eüch vom türinischen hoff gesprochen, so wirdt sie Eüch ohne zweyffel auch verzehlt haben, waß vor eine tugendtsame fürstin unßere hertzogin von Savoyen ist. Ich habe sie so lieb, alß wen sie mein eygen kindt were, habe mich also recht erfrewet, wie ich vernohmen, daß sie eines printzen geneßen; dancke Eüch sehr; daß Ihr Eüch mitt mir drüber erfrewet, undt vor den gutten wunsch, so Ihr meiner dochter thut. Ich gestehe, daß ich gern hette, daß sie unß auch einen sohn gebe. Die hertzogin von Savoyen ist nicht kräncker ahn ihrem printzen, alß ahn ihren printzessinen, geweßen, wie I. L. mir geschrieben haben; alles ist so glücklich abgeloffen, daß meiner dochter nichts beßers zu wünschen ist. Ich mögte wißen, ob die hertzogin von Holstein Gothdorff ihrer fraw schwester, meines brudern s. gemahlin, gleicht. Hir ist es diß jahr die mode auch sehr geweßen, ins badt undt sauerbrunen zu ziehen; monsieur le duc undt madame la duchesse seindt nach Bourbon, wie auch die geheürahte princes de Conti, undt sehr viel leütte vom hoff undt von qualitet seindt auch etliche nach Bourbon, andere nach Vichi, etliche nach Bourbonne, so nahe bey Lotheringen ist, andere nach St Amand. Ich habe schon von viellen die fraw landtgräffin von Cassel sehr loben hören, aber apropo der elste printz, so her kommen solte, kompt ja nicht. Woran ligts dan? Ich hin fro, daß Ihr zu ihnen ins badt werdet; den daß wirdt Eüch doch ein wenig verenderung geben; wünsche, daß Ihr Eüch recht lustig dort machen möget. Bitte Eüch, macht mein compliment ahn meinen vettern, den herrn landtgraffen, undt auch ahn die fraw landtgräffin, wie auch ahn printz Carl undt printz Wilhelm, wofern sie dort sein! Mein sohn undt ich seindt nun, gott sey danck, in gar volkommener gesundtheit undt Eüch sehr verobligirt von Ewere gutte wünsche. Ich bin versichert, daß Ihr ma tante so woll alß ich von hertzen werdet beklaget haben, den chagrin gehabt zu haben, die gutte fürstin von Ostfrießlandt, ihre gutte freündin, so zu sterben sehen zu Bruckhaussen. Es ist mir noch desto leyder umb dieße fürstin, weillen sie immer waß erdencken konte, ma tante lustig zu machen undt dero melancoley zu vertreyben. Nichts ist verdrießlichers in der welt, alß die zu verliehren, so man lieb hatt. Hirvon habe ich leyder eine lange undt nur gar zu offt widerholte experientz; biß aber die reye auch ahn mir kompt, fort zu wandern, könt Ihr, liebe Louisse, sambt [150] Amellisse woll versichert sein, daß ich Eüch recht lieb behalten werde.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 9. Juni 1699 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 1 (1867), S. 148–150
Onlinetext URL: http://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d01b0085.html
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