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A mad. Louisse, raugräffin zu Pfaltz, a Franckfort.
Port royal den 9 Juni 1699.
Hertzliebe Louisse, dießmahl habe ich nicht so geschwindt
andtworten können, alß ich gerne gewohlt; den es seindt mir
hundert undt hundert hindernüßen vorgefahlen, hir aber hoffe ich,
nicht interompirt zu werden. Wie ich letztmahl hir war, war mein
intention, zu schreiben, nehmblich vergangen donnerstag; allein
nachdem ich ahn ma tante, die fraw churfürstin von Braunsweig,
geschrieben hatte, kamme mir von der hießigen lufft ein solch
abscheülich kopffwehe ahn, daß ich ohnmöglich mehr schreiben konte,
war auch den gantzen abendt recht kranck; wie ich aber wider
nach St Clou kamme, spatzirte ich so lang in der gallerie herumb,
biß mir endtlich mein kopffwehe verging. Die überige tage habe
ich auch nicht wider zum schreiben gelangen können wegen der
Pfingstfest, habe also biß heütte verschieben müßen. Nun aber
will ich, liebe Louisse, ortendtlich auff Ewerem lieben brieff vom
16/
26 May antwortten. Ich versichere Eüch, daß Ihr mir nicht mitt
größern freüden [briefe] schreiben könt, alß ich sie entpfange, undt
Ewere affection touchirt mich recht, auch sein wir einander ja nahe
genung, umb unß lieb zu haben; auch schreib ich Eüch ja nicht, umb
neüe zeittung zu haben, sondern nur umb zu erfahren, wie es mitt
Eüch undt Ewer geschwister stehet; derohalben seydt in keinen sorgen,
ob Ihr mir zwar nichts neües berichten könt! Es ist doch löblich
von den hohenlohischen freüllens, daß sie zu hauß bleiben, da ihre
mutter kranck ist, halten doch also doch noch einen decorum. Ihr
thut woll, liebe Louisse, offt spatziren zu fahren; den die stattlufft
kan im sommer nicht gesundt sein. Wan es ahns geben lege,
Carllutz wider lebendig zu machen, so würde er es baldt sein; den ich
würde nichts dran sparen undt ich werde ihn woll mein leben
regrettiren; den ich ihn woll hertzlich lieb gehabt habe undt kan
nicht lang ahn ihm ohne threnen gedencken. Ihr sagt woll, daß
Carllutz seines oberstleüttenants fraw eine adelliche dame auß der
Pfaltz ist, aber Ihr sagt nicht, von waß vor einem geschlegt sie
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ist. Wen sie Eüch vom türinischen hoff gesprochen, so wirdt sie
Eüch ohne zweyffel auch verzehlt haben, waß vor eine tugendtsame
fürstin unßere hertzogin von Savoyen ist. Ich habe sie so lieb, alß
wen sie mein eygen kindt were, habe mich also recht erfrewet, wie
ich vernohmen, daß sie eines printzen geneßen; dancke Eüch sehr;
daß Ihr Eüch mitt mir drüber erfrewet, undt vor den gutten
wunsch, so Ihr meiner dochter thut. Ich gestehe, daß ich gern
hette, daß sie unß auch einen sohn gebe. Die hertzogin von
Savoyen ist nicht kräncker ahn ihrem printzen, alß ahn ihren
printzessinen, geweßen, wie I. L. mir geschrieben haben; alles ist so
glücklich abgeloffen, daß meiner dochter nichts beßers zu wünschen
ist. Ich mögte wißen, ob die hertzogin von Holstein Gothdorff ihrer
fraw schwester, meines brudern s. gemahlin, gleicht. Hir ist es
diß jahr die mode auch sehr geweßen, ins badt undt sauerbrunen
zu ziehen; monsieur le duc undt madame la duchesse seindt nach
Bourbon, wie auch die geheürahte princes de Conti, undt sehr viel
leütte vom hoff undt von qualitet seindt auch etliche nach Bourbon,
andere nach Vichi, etliche nach Bourbonne, so nahe bey
Lotheringen ist, andere nach St Amand. Ich habe schon von viellen die
fraw landtgräffin von Cassel sehr loben hören, aber apropo der
elste printz, so her kommen solte, kompt ja nicht. Woran ligts
dan? Ich hin fro, daß Ihr zu ihnen ins badt werdet; den daß
wirdt Eüch doch ein wenig verenderung geben; wünsche, daß Ihr
Eüch recht lustig dort machen möget. Bitte Eüch, macht mein
compliment ahn meinen vettern, den herrn landtgraffen, undt auch
ahn die fraw landtgräffin, wie auch ahn printz Carl undt printz
Wilhelm, wofern sie dort sein! Mein sohn undt ich seindt nun,
gott sey danck, in gar volkommener gesundtheit undt Eüch sehr
verobligirt von Ewere gutte wünsche. Ich bin versichert, daß Ihr
ma tante so woll alß ich von hertzen werdet beklaget haben, den
chagrin gehabt zu haben, die gutte fürstin von Ostfrießlandt, ihre
gutte freündin, so zu sterben sehen zu Bruckhaussen. Es ist mir
noch desto leyder umb dieße fürstin, weillen sie immer waß
erdencken konte, ma tante lustig zu machen undt dero melancoley zu
vertreyben. Nichts ist verdrießlichers in der welt, alß die zu
verliehren, so man lieb hatt. Hirvon habe ich leyder eine lange undt
nur gar zu offt widerholte experientz; biß aber die reye auch ahn
mir kompt, fort zu wandern, könt Ihr, liebe Louisse, sambt
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Amellisse woll versichert sein, daß ich Eüch recht lieb behalten
werde.