Seitenbanner

Brief vom 24. Juli 1699

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Amalie Elisabeth zu Pfalz


91.


[164]

A mad. Amelie Elisabeth, raugraffin zu Pfaltz, a Franckfort.

St Clou den 24 Julli 1699.
Hertzliebe Amelisse, gestern habe ich auff dem Port royal Ewer liebes schreiben vom 13/23 Julli zu recht entpfangen, ich fuhr eben nach dem Port royal, sehe auß Eüerem schreiben, das Ihr nun zu Homburg seydt. Wie kompts aber, daß die elste princessin von dar nicht bey ihrer fraw mutter, sondern bey I. L. der fraw landtgräffin von Cassel ordinarie ist? Daß Schlangenbaadt muß dießer landtgräffin nicht woll bekommen sein, weillen I. L. so sehr wider davon weg eyllen. Ich wuste woll, daß der fürst von Ussingen ein freüllen von Leüenstein geheürahtet hatte; madame Dangeau hatt mirs gesagt. Die arme madame Dangeau ist übel dran; man fürcht, sie bekomme einen krebs ahn einer brust. Ich hatte Louisse letztmahl gebetten, den fürsten von Ussingen zu reprochiren, daß er mir nichts entbotten hatt, da ich doch seine alte freündin bin. Ich finde die fürstliche personnen zu Homburg glücklich, ahn nichts alß dantzen undt springen zu gedencken; sie müßen kein chagrin haben; hoffe, daß dieße reiße Eüch undt Louisse ein wenig verenderung geben wirdt. Es ist nicht gar schlim, ein wenig gezwungen sein, zu raßen; den daß schüdelt daß miltz, macht schwitzen undt vertreibt dadurch die bößen humoren undt verhindert, kranck zu werden. Caningen nacht da erhitzt man sich nicht bey. Die thierger, so die caninger fangen, seindt keine wießelger; man heist sie fürets in frantzosch; sie seindt größer, alß die wießelger, haben die mäuller noch spitziger undt seindt viel bräuner. Ich kan keine caninger eßen. Sonsten eße ich viel lieber auff englisch, alß auff frantzösch; ich habe mich daß frantzösch eßen gar nicht ahngewehnen können, kan keinen eintzigen ragoust eßen undt ich eße gar kein fleischbrühe noch [165] supe, kan also gar wenig hir eßen, eße auch nichts, alß hammelschlegel, gebrattene hüner, nierenbratten, rindtfleisch undt salat. In Hollandt habe ich auch kiwitzeyer geßen; ich aße aber so viel, daß ich mich übergeben muste; seyder dem habe ich keine mehr eßen können. Es geschicht gar offt, das man gott danckt, daß ein heüraht, so hette geschehen sollen, nicht geschehen ist, undt offter, alß daß man gott danckt, daß man geheüraht ist. Die armuht ist eine böße qualitet zum ehestandt; den wie Mollière sagt, so lebt man wenig d’un ma vié et man ist nicht von mon amour. Man hatt viel mehr exempel, daß man sich arm, alß reich mitt dem goltmachen gemacht hatt. Mich deücht, die windt undt gestirn zu erkenen, kompt eher einem mathematicus zu, alß einem man von qualitet undt einem reichsgraffen; den die haben ordinari die zeit nicht, so auß dem fundament zu studieren, wie die, deren handtwerck es ist. Ordinari wißen die gelehrten nicht zu leben undt ob sie zwar gescheydt in ihren künsten sein, sein sie doch wie gecken unter die leütte; also der personnen von große qualitet sache nicht, so erschrecklich gelehrt zu sein; den es ist ihnen hoch nöhtig, die welt zu kenen undt wie sie mitt jedermandt leben müßen undt sollen, welches man nur durch experientz undt nicht in den büchern lernt. Ihr thut mir einen rechten gefahlen, liebe Amelisse, mir alß zu verzehlen, waß vorgeht. Ich muß lachen, daß ich erstlich ein wordt hir in Ewerm brieff übel geleßen; Ihr hattet Franckfort in abregé geschrieben, daß nahm ich nicht recht in acht undt laße, daß Ihr mein antwordtschreiben zu pferdt hettet entpfangen. Wie aber hernach stehet, daß Ihr nicht eher, alß von Homburg, hettet schreiben können, da habe ich woll gesehen, daß ich übel geleßen undt daß eß Ffort seye in abregé. Ich bitte Eüch, liebe Amellisse, danckt doch der fraw landtgräffin Liebten undt die gräffin, ihre schwester, vor dero complimenten! Der ritz hatt gar nichts auff sich; hettet Ihr nicht davon geschrieben, hette ich nicht einmahl wahrgenohmen. Wir haben jetzt gantz undt gar nichts neües hir, weder bey hoff noch in der statt, muß derowegen schließen. Adieu den, liebe Amellisse! Ich ambrassire Eüch von hertzen undt habe Eüch allezeit von hertzen lieb.
[166]
Impressum
Datenschutz
KontaktPost
Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 24. Juli 1699 von Elisabeth Charlotte an Amalie Elisabeth zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 1 (1867), S. 164–166
Onlinetext URL: http://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d01b0091.html
Änderungsstand:
Tintenfass