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Brief vom 31. Juli 1699

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


92.


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A mad. Louise, raugräffin zu Pfaltz, a Franckfort.

Port royal den 31 Julli 1699.
Hertzliebe Louisse, gestern alß ich wider von Maubisson kamme, wurde ich mitt Ewerm lieben brieff vom 11/21 Julli erfreüet. Ihr secht nun woll, daß ich mein versprechen halte undt fleißig antworte; bin Eüch, liebe Louisse, sehr verobligirt, Eüch so vor meine gesundtheit zu interessiren. Ich bin fro, daß meiner ammen dochter, die gutte Nanon, wider gesundt ist; es ist ein gutt, trew, ehrlich mensch, so verstandt hatt. Es ist mir leydt, daß sie nicht hatt bey mir bleiben können. Ihr habt sie gar gewiß offt zu Manheim bey mir gesehen so woll, alß Suzon, ihre schwester; dieße ist noch bey mir undt dint mir woll. Ich könts Nanon nicht verdencken, wen sie fro were, auß Franckreich zu sein; den die verfolgung ist abscheülich, so man den armen reformirten hir ahnthut, jammern mich von hertzen. Die arme Nanon wirdt ambarassirt sein, den hoff nicht zu Cassel zu finden. Ich glaube nicht, daß I. L. die fraw landtgräffin woll gethan, den sawerbrunen mitt dem fieber zu drincken. Wen man vor die gesundtheit ahn einem ort geht, ist es nicht nöhtig, sich zu informiren, ob andere damens dort sein oder nicht; wolte also ahn Ewerm platz den brunen lieber gedruncken haben, wo er einem ahm besten bekompt. Der junge graff von Leiningen ist noch nicht hir; wen er aber sich bey mir wirdt ahnmelden, werde ich nicht unterlaßen, ihm meinen raht trewlich mittzutheillen. Daß bitte ich Eüch I. L. der fraw landtgräffin von Homburg sambt viellen complimenten zu versichern. Sie hette ihm keine severer hoffmeisterin geben können, alß mich; den ich laße den jungen leütten, vor welche ich mich interessire, nicht vorbey gehen. Es ist war, daß ich sehr viel auff seinen (ich will sagen des jungen graff von Leiningen) h. vatter gehalten haben, würde derowegen sorg vor den jungen graffen getragen habe; wen man mir ihn gleich nicht recomandirt hette, will geschweygen den nun, daß seine fraw mutter Liebten daß vertrawen zu mir hatt, ihren sohn zu recommandiren. Ich werde allezeit fro sein, wen ich ehrlichen Teütschen werde in etwaß dinnen [167] können undt gutt hir sein. Von meinen warnungen kan ich woll versprechen, allein denen ich sie gebe, müßen sie auch folgen wollen. Ich beklage den armen monsieur Bar, so betrogen undt bestollen geworden zu sein. Knechten ist wenig zu trawen. Monsieur Legrand hir hatte einen cammerdinner, so ihm 20 jahr trew gedinnet hatt undt doch hernach abscheülich bestollen. Diebe hatt es allezeit geben, aber so gar wunderliche historien nicht, alß man hir hört von weibern; daß deücht mir nicht so gemein zu sein in andern örtern, wie hir. Ihr habt woll groß recht, nicht gerne richten zu sehen; es ist etwas abscheüliches. Ich bin fro, wen ich vernehme, daß viel frembden gräffliche undt fürstliche personnen zu Franckfort sein; den ich hoffe, das es Eüch verenderung geben wirdt undt divertiren. Es muß der fürstin von Nassau Itzstein erstes kint sein, womitt sie schwanger geht, weillen sie meint, daß sie dran sterben wirdt; weillen sie aber so woll außsicht, ist zu hoffen, daß es woll ablauffen wirdt. Ich begreiffe woll, daß man nicht gern außgehet, wen die erste jugendt vorbey ist, es seye den auß nohtwendigkeit; allein Amelisse undt Ihr seydt doch noch jung genung, umb keinen reiße zu scheüen. Wir reißen hir, so zu sagen, continuirlich, seindt keine 8 tag ahn einem ort. Wir haben nun nichts neües hir, alß viel, so gestorben; weillen sie Eüch aber unbekandt sein, drumb sage ich nichts davon. In einem augenblick werde ich ins palais royal fahren, umb mitt Monsieur ins opera zu gehen. Ich finde mich aber heütte so abscheülich schläfferich, daß ich glaube, daß ich daß gantze opera durch schlaffen werde, wie mir schon mehrmal geschehen ist. Ich fürcht, Ihr werdet dießen brieff nicht leßen können, allein ich habe so schlimme federn hir, daß es mir ohnmöglich ist, sauberer zu schreiben. Adieu, hertzliebe Louisse! Ich ambrassire Eüch von hertzen undt werde Eüch all mein leben lieb behalten.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 31. Juli 1699 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 1 (1867), S. 166–167
Onlinetext URL: http://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d01b0092.html
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