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A mad. Louisse, raugraffin zu Pfaltz, a Franckfort.
Fontainebleau den 1 October 1699.
Hertzliebe Louisse, dießer ort hir ist der, wo ich ahm
wenigsten zum schreiben gelangen kan wegen der viellen jagten,
commedien undt apartements. Zu dem so haben wir den englischen
königlichen hoff 18 tag hir gehabt, habe also offt zur königin
gemüst, also ohnmöglich eher, alß nun, auf Ewere zwey schreiben
vom
19/
29 August undt
5/
15 September zu antworten können. Ich
würde es heütte auch noch nicht gekönt haben, wen der englische
hoff nicht heütte morgen umb 10 verreist were. Es ist aber auch
einmahl zeit, daß ich auff Eüere schreiben komme. Von meiner
trawerigen reiße, so ich nach Bar habe thun sollen undt welche
zurückgangen, will ich nichts mehr sagen, alß daß ich Eüch, liebe
Louisse, sehr verobligirt bin, so sehr part drinnen genohmen zu
haben. Weillen der könig nicht hatt erlauben wollen, daß man
ein mittel finden möge, der ceremonie zu entgehen, so darin
bestundt, daß der hertzog von Lotteringen pretendirt, eine chaisse a
bras vor Monsieur undt mir zu haben, weillen der keyßer ihm
selbigen gibt; der könig aber antwort hirauff, das der keyßer
einen cermonial habe undt der könig einen andern, alß zum
exempel der keyßer gibt den cardinals chaissen a bras, die dörffen hir
nie vor den könig sitzen. Der könig hatt deß hertzogs vorfahren
zum exempel ahngezogen, so hir geweßen undt nie kein chaisse a
bras pretendirt haben; ob der alte hertzog von Lotheringen zwar
feü Monsieur sein leiblicher schwager war, hatt er doch weder vor
Monsieur noch seyner leiblichen schwester nie nichts, alß ein
tabouret, gehabt. Monsieur will woll eine chaisse a dos geben undt
der könig consentirt drin, aber der hertzog pretendirt, wie ein
churfürst tractirt zu werden, undt daß will der könig nicht
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zugeben. Monsieur hatte proponirt, daß mans machen solte, wie bey
dem könig von Engellandt; der pretendirt, unß keine chaisse zu
geben, wir aber pretendiren, eine vor ihm zu haben; derowegen
setzt er sich nur, wen wir dar sein, auff ein tabouret. So wolten
wir es auch machen; daß hatt aber der könig durchauß nicht
leyden wollen undt wir haben nicht nach Bar gewolt, umb de hautte
lutte unßerm hertzog ein affront ahnzuthun, also die reiße
gebrochen worden. Da wist Ihr nun recht den grundt von der sachen.
Ich würde fro gewest sein, wen ich Carl Moritz gesehen hette.
Wen er es aber gemacht hette, wie ich höre, daß er es nun zu
Berlin macht, würden wir nicht lang gutt freündt geblieben sein
undt ich würde braff gezürnt haben; den wie man mir bericht, so
seüfft er sich alle tag blindt voll undt bringt den ein hauffen toll
zeug bey I. L. der churfürstin von Brandenburg vor; daß ist doch
eine rechte schande. Wen ich glauben könte, daß ein ernstlicher
verweiß in corigiren könte, wolte ich ihm schreiben. Daß macht
mich meinen lieben Carllutz noch mehr regrettiren; den der stehlte
so nichts ungereimbts ahn. Von wem hatt er daß sauffen? Den
papa s. trunck ja sein leben nicht. Es verdriest, das der eintzige
sohn, so von meinem h. vatter s. überbleibt, ein volseüffer sein
solle. Umb gottes willen, thut doch Ewer best, Carl Moritz zu
corigiren! Wen ich zeit habe, mache ich mir eine rechte freüde,
ahn Eüch undt Amelisse zu schreiben. Ich werde wider fleißiger
sein, wen wir wider zu Paris undt Versallien sein werde, hir aber
kan ichs nicht versprechen; den wie schon gesagt, wir haben [keine]
zeit zu schreiben undt die zeit, so mir überig bleibt, wende ich ahn,
ma tante, mein tochter undt die hertzogin von Savoye zu schreiben.
Jedoch seydt versichert, daß, wo es mir möglich wirdt sein können,
werde ich auch ahn Eüch undt Amelisse schreiben! Waß muß dan
die arme landtgräffin von Cassel vor einen ellenden zustandt haben,
daß die gelehrsten docktoren sich nicht drein finden? Ich weiß
es danck ahn dem docktor Bruner, seine unwißenheit gestanden zu
haben; den ordinari stellen sich die herrn docktoren, alß wen sie
die kranckheitten recht kenten, geben remedien undt wißen doch
nicht, waß es ist, undt schicken manchen so in jener welt. Der
erbprintz von Cassel hatt all lengst herkommen sollen, weiß nicht,
warumb es nicht geschicht. Der graff von Hannaw hatt mir
geschrieben undt part von seinem heüraht geben; ich habe ihm aber
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noch nicht antwortten [können], habe lieber dießen tag ahnwenden
wollen, ahn Eüch undt, wo ich kan, ahn Amelisse zu antwortten.
Es ist die groß fraw mutter von der printzes von Anspach, so dießen
heüraht gemacht hatt. Es stehet in den hollandischen gazetten,
daß man wider zu Heydelberg bawet. Ich mögte wißen, ob es
war ist. Ihr habt groß recht, nicht nach hoff zu gehen, wen man
Eüch dortten nicht tractirt wie billig. Hirmitt ist Ewer erstes
schreiben vollig beantwortet. Ich komme jetzt auff daß vom
5/
15
September, bedancke mich gar sehr vor alle gutte wünsche, so Ihr
meinen kindern undt kindeskindt in Lotheringen thut. Recht
lebendig zweyffle ich sehr mein enckel zu sehen, aber mein dochter
wirdt mir ihn in waxs possirt schicken; er solle schon so groß
undt starck sein wie ein kindt von 6 mont. Ich weiß all lengst,
daß ma tante, gott seye danck, wider gesundt ist; den I. L. thun
mir die gnade undt schreiben mir alle woche 2 mahl. Umb die
warheit zu sagen, so war mir auch nicht woll bey der sach, wie
I. L. kranck wahren; allein, gott sey danck, daß temperament ist
gutt, also woll abgeloffen. Gott der allmächtige stehe ferner bey!
Ich weiß nicht, ob meines brudern gemahlin sehr betrübt wirdt
sein über des königs in Denemarck todt; sie hatten einander lang
nicht gesehen undt mich deücht, die vertrawlichkeit war nicht
sonderlich groß zwischen beyde geschwister. Es steht noch dahin, ob
ich umb dießen könig trawern werde; den man nimbt die trawer
nicht, man gibt einem erst part, undt es stehet noch dahin, ob
man unß part geben wirdt; den dießer itzige könig in Denemarck
will sein ceremonial endern, dem könig hir anderst schreiben, alß
sein herr vatter undt groß herr vatter gethan; der könig will den
brieff nicht ahnnehmen, also kan der envoyé kein audientz haben,
stehet also noch dahin, ob wir trawern werden oder nicht. Vor 3
tagen haben wir die trawer vor die königin in Portugal ahngelegt.
Der wünsch, so Ihr mir thut, daß mir nichts nähers absterben
möge, ist woll gutt; bin Eüch, liebe Louisse, sehr davor
verobligirt. Ich gestehe, daß ich gar nicht fro geweßen were, daß mein
dochter nach Portugal gemüst hette. Mein dochter ist gar
glücklich mitt ihrem hertzog; er thut ihr, waß er ihr ahn den augen
ahnsehen kan, sie haben einander beyde von grundt ihrer sehlen
lieb. Ich kan die thorheit nicht begreiffen, so die leütte haben, nach
Rom zu ziehen. Den waß vor eine lust kan es sein, ein hauffen
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pfaffen in den kirchen herumb zu lauffen sehen? Deßwegen ginge ich
nicht von meinem tisch zum fenster, will geschweygen nach Rom.
Die Holländer thun woll, sich nach landts brauch zu richten. Ihr
habt recht, liebe Louisse, man rechnet hir die Holländer offt unter
die Teütschen. Ich meinte, in Engellandt lebe ein jeder, wie es
wolle. Hatt vielleicht Ewer schwager Eüch wegen seines jaloussen
humor weiß gemacht, daß man mitt niemandts reden darff?
Hirmitt seindt Ewere beyde schreiben, liebe Louisse, vollig
beantwortet undt bleibt mir nichts mehr überig, alß Eüch von hertzen zu
ambrassiren undt zu versichern, daß ich Eüch allezeit von hertzen
lieb behalte.