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Brief vom 14. Oktober 1699

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


97.


[177]

A mad. Louise, raugraffin zu Pfaltz, a Franckfort.

Fontainebleau den 14 October 1699.
Hertzliebe Louisse, es seindt schon etliche tage verfloßen, daß ich Ewern lieben brieff sambt den schönnen kupfferstücken zu recht entpfangen habe, aber nicht eher, alß nun, davor dancken können wegen der viellen jagten undt commedien; sie werden aber mein buch sehr ziehren, bin Eüch, liebe Louisse, recht davor verobligirt; den ich habe die kupfferstück recht gern, vertreiben mir manche zeit. Es ist war, daß unßere churfürstin von Brandenburg nicht woll gleicht; daß vom selbigen churfürsten ist gantz perfect wie daß contrefait, so ich von I. L. habe undt welches, [wie] mir monsieur Spanheim versichert, gar gleich ist. Ich habe auch ein contrefait lebenslang vom römischen könig gesehen; dem gleicht daß kupfferstück wenig, daß contrefait aber viel ahn den letzt verstorbenen churfürst zu Pfaltz, wie ich ihn noch [als] hertzog von Neüburg gesehen, welches kein wunder, weillen er deß königs groß herr vatter war. Den könig in Poln habe ich lang hir gesehen, ist zwey jahr zu Paris geweßen; man sicht woll im kupfferstück, daß er es ist, aber man macht ihm daß gesicht zu klein. Der kirschnerin ihr sohn Spiegel hatt mir, wie er zu Paris war, contrefaitten vom könig undt der königin gewißen, wo ich woll sehe, daß die kupfferstück [178] nach gemacht sein werden. Daß bouquet muß schön sein von 60000 thaller sein, glaube nicht, daß man schönnere blumen in der Hesperiden garten gefunden hatt. Seine zwey maistressen, alß die Königmarckin undt gräffin Isterle können singen alß wie Andromede undt Meropé im opera von Persée:
Vnissons nos regrets! Le mesme amour nous lie.
Qu’importe, a qui de nous Persée offre de voeux?
Nous l’allons perdre touttes deux;
Son peril nous reconcillie.
Man sagt, die Königmarckin solle sehr divertissant sein, allerhandt lust undt allezeit waß neües erdencken können; damitt hatt sie gewiß ihren könig charmirt. Wie kompts, daß so wenig leütte auf der Franckforter meß sein? Unßer graff von Hannaw ist gar ein gutter ehrlicher mensch; ich glaube aber nicht, daß er sehr capable ist, eine compagnie zu divertiren; er hatt eine dolle sprach, ich plag ihn immer mitt. Unßer printz von Birckenfelt, wofern den die kinderblattern nicht verdorben haben, ist er ein hübscher wollgestalter herr, aber ein wenig blödt, wen I. L. bey leütte sein, so sie nicht kenen. Pfaltzgraff Christian ist gar ein gutter herr; er hatt recht, wir schreiben einander zimblich offt. Ich finde nicht, daß dießer alte pfaltzgraff endert; deücht mir, er ist, wie ich I. L. all mein leben gesehen habe. Es ist war, daß der printz gern undt woll dantzt. Ich kan nicht begreiffen, wie die printzes von Anspach lieber den graffen von Hannaw, alß printz von Birckenfelt, genohmen hatt. Der graff ist reicher, daß ist gewiß, aber die personnen seindt sehr unterschiedtlich, undt ob graff von Hannaw zwar von guttem hauß, so ist der printz doch noch vom beßerm. Sie hatt daß hollendische sprichwort gefolgt: Liefften ist liefften, maer kacken gat vor all. Die princes von Anspach muß ihrem herrn bruder nicht von gesicht gleichen; den es seindt wenig damens, so so schön gebildt sein, alß I. L. Man kan kein schönner gesicht nicht mahlen, alß dießer marggraff hatt, undt eine schönne taille dabey. Ich weiß aber nicht, ob der humor gar gutt ist undt ohne caprissen; da wolt ich meine handt nicht vor ins fewer legen. Mir hatt er einen dollen tour gethan. Man hatte mich gebetten, ihm ein heüraht vorzuschlagen; wie ich ihm die sach proponire, sagt er ja, es stehe ihm nicht übel ahn, batte [179] mich, ich solle ihm doch schreiben, ob die sach ahngehen könte undt ob gewiße personnen drin consentiren würden. So baldt ich erfahren, wie es mitt der sachen beschaffen, schreibe ich ihm. Er hatte mir versprochen, mir gleich zu antwortten. Es ist 9 monat, daß ich I. L. geschrieben habe; habe noch kein antwort, daher judicire ich, daß etwaß überzwergs im hirnkasten sein muß. Nichts ist beßer, umb die conversation zu meyden, alß daß spillen, wer es kan; den ich könte es ohnmöglich. Der gutte pfaltzgraff von Birckenfelt muß woll seine fr. dochter geben ahn wen sie nehmen will; den der gutte herr ist eben in keinem standt, zu wehlen. Ich finde, daß die printzes kein groß unrecht hatt, den graffen von Waldeck nicht gern zu nehmen; er ist gar nicht ahngenehm. Ihr werdet auß meinem letzten ersehen haben, daß ich gar nicht übel zufrieden mitt Eweren schreiben geweßen bin undt daß mich nur daß hiesiche gethuns ahn schreiben verhindert hatt. Ich habe Ewere sache noch starck ahn Monsieur recomandirt, welcher auch ahn herrn Obrecht vor Eüch hatt schreiben laßen. Ihr habt woll groß recht, gridtlich zu sein, mitt protzessachen umbzugehen. Aber worumb hatt Ewer schwager nicht jemandes expresse, so seine sachen führt? worumb müst Ihr eben mitt geplagt sein? Ihr thut Ewern brieffen, liebe Louisse, groß unrecht, sie vor confus zu halten; sie seindts gar nicht, sondern recht woll geschrieben. Ewer brieff ist hirmitt ordentlich beantwortet undt ich muß heütte noch 3 brieff schreiben, kan Eüch derowegen nichts mehr sagen, alß daß ich Amelisse undt Eüch hirmitt von hertzen ambrassire undt Eüch beyde allezeit von hertzen lieb habe.
P. S.
Ich weiß nicht, ob ich letzmahl die zeit gehabt habe, zu berichten, daß wir landtgraff Carl von Reinfels mitt seinen zweyen printzen hir gehabt haben. Er lobt Eüch undt Amelisse über die maßen, Carl Moritz aber gibt er schlegt lob, sagt, er seye ein crackeller, follseüffer undt lache alle menschen auß; daß seindt 3 schlime qualitetten, thete woll, sich davon zu corigiren. Der durchlauff hatt den landtgraffen hir weg gejagt, also seine reiß, met verlöff, mitt einem dreck besigelt worden. Sein klein printzgen ist [180] ein schön kint, aber bitter übel erzogen; es ist schadt vor daß kint. Der elste scheindt ein gutter herr zu sein, aber ist auch der durchdribenste nicht, wie mir deücht. Der alte herr beklagt sich hir unerhört über seinem herrn bruder undt verzehlt seine uneinigkeit mitt seinem herrn bruder ahn jederman. Daß lag mir schwer ahn, undt ob sie zwar meine nahe vettern sein, bin ich doch froh, daß sie wider weg sein.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 14. Oktober 1699 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 1 (1867), S. 177–180
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d01b0097.html
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