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A mad. Amelie Elisabeth, raugräffin zu Pfaltz, a Franckfort.
Versaille den 12 Januar 1700.
Hertzliebe Amellisse, ich habe alleweill ahn Carl Moritz undt
Louisse geschrieben, undt ob mir die handt zwar schon waß müde
von schreiben ist, so will doch, daß Ihr Ewern brieff auch haben
sollet. Ihr seydt vielleicht verwundert, daß ich Eüch in so langer
zeit nicht geschrieben habe; aber wen Ihr wißen soltet, waß ich
seyder der zeit außgestanden, so woll wegen meiner dochter
kranckheit, alß auch daß ich mich selber wegen der Parisser lufft gar
übel gefunden, so würde es Eüch woll kein wunder genohmen
haben. Über daß seindt noch hundert undt hundert verhindernüßen
dazu geschlagen täglich, eben wie in der commedie des facheux.
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Nun aber will ich mich wider fleißig einstellen undt hinfüro auff
alle Ewere schreiben, ob gott will, gar ortentlich andtwortten.
Von hir kan ich Eüch nicht viel neües berichten, weillen Ihr die
leütte nicht kent. Ich nehme die freyheit undt gebe Carl Moritz
noch einen kleinen advis en passant, weillen er mir geschrieben,
daß er wünschte, engelrein zu sein; sage drauff, daß ich nichts
ohnmöglich von ihm fordere, sondern nur, waß bey ihm steht,
nehmblich seinen verstandt zum gutten zu threhen. Ich forchte,
es wirdt ihn verdrießen, allein waß ich ihm sage, ist gutt
gemeint undt nicht, umb ihn zu plagen. Ich habe heütte den wolff
gerent undt diß ist schon der 4te brieff, so ich schreibe, habe
doch noch nohtwendig einen zu schreiben, muß also dießen
schließen; wünsche nur noch zum neüen jahr, daß Eüch gott der
allmächtige alles geben möge, waß zu Ewerem besten undt
volkommenen vergnügen gereichen kan, worunder eine gutte gesundtheit
mitt begriffen ist; ohne dießelbe kan man kein vergnügen haben.
Adieu, liebe Amellisse! Seydt versichert, daß ich Eüch recht lieb
habe undt behalte!