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Brief vom 23. April 1700

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


104.


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Versaille den 23 Aprill 1700.
Hertzliebe Louisse, ich will mein leben nicht mehr auffschieben, ahn Eüch undt Amelisse zu schreiben; den ich hatte es gethan, weillen Ihr mir berichtet hattet, daß Ihr nach Coblentz geht, undt seyder dem habe ich ohnmöglich wider zum schreiben gelangen können undt allemahl, wen ich mich niedergesetzt, umb zu schreiben, seindt mir verhindernüßen darzwischen kommen; will aber nun eine feste resolution nehmen, einen eigenen tag in der wochen ahn Eüch undt Ewere schwester zu schreiben. So, hoffe ich, werde [190] ich nicht so offt verhindert werden; wir wollen sehen, waß drauß werden wirdt. Ewer schwager, der duc de Chonburg, hatt mir geschrieben; ich erwarte nur sein homme d’affaire, so die papiren hatt, umb dem könig davon zu sprechen, werde Eüch undt ihm hernach andtwortten, waß der könig mir gesagt. Ich werde woll gar gewiß mein bestes dabey thun, allein ich kan nicht hoffen, daß mein vorsprach viel guts wircken wirdt; den, unter unß, die alte dame, so so sehr in gnaden ist, hast mich wie den teüffel undt ist mir in alles entgegen; also kan ich mir nichts guttes von meiner vorsprach hoffen. Zu dem ist dieß weib ein ertzfeindin aller reformirten; fürchte also, daß sie dieße ursach dem könig noch vorwenden wirdt undt dadurch verhindern, daß mir der könig vor dem duc de Chonburg accordirt undt warumb ich ahnhalten werde. Gott gebe, das ich mich betriege! Monsieur de la Rongere will ich gar ernstlich zusprechen, sich nicht in die sach zu mischen; er ist mein chevalier d’honneur. Es wirdt ihm leicht ahnkommen, sich nicht in die sach zu mischen; den er hatt selber jetzt so viel processen, seyder seine fraw todt ist, das er sich nicht in andern sachen wirdt mischen; daß verhindert ihn, hir bey mir zu sein. Im überigen so habe ich noch fest bey Bechameil getrieben, umb die contrefaitten zu haben, so ich ihm schon seyder 6 jahr her ahnbefohlen undt schir alle reißen widerholle. Unßer disput kompt, daß er seinen mahler brauchen will, so nichts nutz ist undt welchen ich alle jahr abschlage, undt er hatt mühe, sich zu resolviren, einen beßern arbeitten zu machen, aber ich glaube doch, daß ich endtlich die sach gewinen werde. Daß ist, liebe Louisse, alles, waß ich Eüch vor dißmahl sagen kan. Schließlich versichere ich Eüch, daß ich Eüch alß recht lieb behalte.
P. S.
Ich glaube, daß Ihr nun woll werdet erfahren haben, wie daß unßer herrgott mein enckel, den printzen von Lotheringen, leyder schon zu sich genohmen hatt. Des hertzogs docktor hatt daß kindt umbs leben bracht. Es war ein groß starck kindt, bekamme die gichter, weillen 4 zähnger ihm auff einmahl durchbrechen wolten; der docktor gab ihm in 12 stunden zeit 4 clistir chicorewaßer mitt [191] rubarbe, ein pulver gegen die gicht, gar viel vom starcken mellissenwaßer undt englische tropffen; daß muß daß arme kindt erstickt haben; ist woll schadt, es war ein überauß schön kindt. Mein dochter ist schwanger. Gott gebe, daß der verlust wider ersetzt möge werden!
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 23. April 1700 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 1 (1867), S. 189–191
Onlinetext URL: http://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d01b0104.html
Änderungsstand:
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