Seitenbanner

Brief vom 18. Juni 1700

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Amalie Elisabeth zu Pfalz


105.


[191]

A mad. Amelie Elisabeth, raugraffin zu Pfaltz, a Franckfort.

St Clou den 18 Juni 1700.
Hertzliebe Amelisse, wie ich eben auff Ewerem lieben brieff vom 5 dießes monts antworten wolte, entpfange ich einen von Louisse, welche mir sagt, daß Ihr wider umbgeschlagen seydt undt Eüch wider übel befindt, welches mir von hertzen leydt ist; wünsche von hertzen, baldt zu vernehmen, daß Ihr wider woll sein möget. Auß meinem letzten werdet Ihr ersehen haben, wie daß ich Ewern vorigen brieff gar woll habe leßen können, waß Ihr mir geschrieben, auch gar woll verstanden. Ihr habt gar woll gethan, zu wartten, biß der landtgraff wider zu Cassel sein wirdt undt den erst von den demanten sprechen, so ma tante von Tarante ihren herrn söhnen hinterlaßen hatt. Dieß ist eygendtlich keine schuldt, sondern nur zwey demanten, so ein kauffman unter handen hatt undt ohne deß landtgraffen urlaub nicht auß händen laßen will. Es ist mir lieb, daß mein junger vetter so einen gutten heüraht gethan hatt. Gott gebe nur, daß das ordinari sprichwort sich nicht bey ihnen erfülle! Den man sagt ihmer, daß, wen geschwisterkindt einander heürahten, das es unglück bringt. Gott gebe, daß daß contrarie sich bey ihnen einfinden möge! Reichthumb ist nicht allezeit, waß ahm meisten vergnügen gibt; humoren, so sich zusammenschicken, machen glücklicher. Wen die devotion nur nicht in bigotterie außschlegt, so ist sie sehr löblich, allein daß rechte mittel ist schwer zu treffen. Ich hoffe, daß Ihr undt Louisse zu der heimführung nach Cassel werdt; den daß wirdt Eüch doch waß verenderung geben. Monsieur Polier kamme gestern zu mir. Ob er zwar schon 80 jahr alt, so endert er doch gar nicht, geht noch eben so strack wie vor dießem undt hört undt sicht woll, hatt auch alle seine zahn undt geht woll. Ich habe ihm gesagt, daß sein freündt Hunefelt sich geheüraht hatt. Ihr sagt nicht, wie der commandant von Manheim geheißen, deßen dochter [192] monsieur Hunefelt genohmen. Zu meiner zeit war kein anderer commandant zu Manheim, alß der oberste Wilder; der kan aber keine so junge dochter hinderlaßen haben, es seye dan von seiner sohnen kindern eins. Ich wünsche, daß Ihr Eüch bey der hochzeit woll divertiren möget. Daß ist eine wunderliche mode, daß man nicht eßen darf, waß man auff seinen theller hatt. Wir haben hir seyder 10 oder 12 tagen ein abscheülich wetter, regendt alle tag, ist feücht undt ungesundt. Ich solte jetzt auch schon zu Marly sein, habe aber nicht hingekönt wegen eines fluß, so mir den lincken backen abscheülich hatt geschwellen machen; heütte aber werde ich hin, den ich bin wider beßer. Der sawerbrunen muß Eüch, liebe Amelisse, übel bekommen sein, weillen Ihr, unahngesehen, daß Ihr ihn gebraucht, wider übel geworden seydt. Zu meiner zeit war die fraw Schelm nicht so poßirlich, alß ihr schwester Lenor; daß muß ihr den auch gekommen sein. Über zehen tagen hoffe ich, daß wir Lenor hir haben werden; sie ist schon zu Nancie bey meiner dochter. Ich glaube, daß es beßer ist, den brunen bey der quel zu brauchen; den die spritus, so in dem waßer sein undt allein krafft geben können, verliehren sich nicht, alß wen daß waßer geführt wirdt, nachdem es geschöpfft worden. Baden ist gar gewiß gutt vor daß grieß; die königin in Engellandt hir braucht nichts anderst. Wen Ihr sehen soltet, wie die damen hir von Ewerm alter sich vor jung halten, so würdet Ihr Eüch woll keine alte schachtel nenen. Ich bin woll Ewerer opinion, liebe Amellisse, daß man nicht artzneyen soll, man habe es den hoch von nöhten, allein wen man kranck ist, muß man hülff suchen. Ich habe heütte daß hertz gantz schwer, die gutte madame la princesse, meine baß, hatt ihr liebstes kindt, mademoiselle de Condé, so auff den todt ligt. Sie ist so erschrecklich betrübt, daß mein Wendt, den ich heütte hingeschickt habe, umb zu wißen, wie es mitt mademoiselle de Condé ist, in vollen threnen widerkommen, nur mademoiselle la princesse in den ellenden standt gesehen zu haben, worinen I. L. sein. Sie jamert mich woll von grundt meiner seelen. Ich habe auch noch eine gutte freündin gestern verlohren; daß macht mich gantz trawerig, kan also vor dießmahl nichts mehr sagen, alß daß ich Eüch allezeit von hertzen lieb behalte.
[193]
Impressum
Datenschutz
KontaktPost
Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 18. Juni 1700 von Elisabeth Charlotte an Amalie Elisabeth zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 1 (1867), S. 191–193
Onlinetext URL: http://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d01b0105.html
Änderungsstand:
Tintenfass