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Brief vom 19. April 1701

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


130.


[223]

A mad. Louise, raugräffin zu Pfaltz, a Franckfort.

Versaille den 19 April 1701.
Hertzliebe Louisse, vor ein par tagen habe ich in deß abé de Thesut paquet daß Ewerige gefunden mitt den schönnen medaillen, wovor ich Eüch von hertzen dancke; ist ein recht ahngenehm pressent; den ich habe ein requeüil von den neuen medaillen, hettet mir also nichts ahngenehmers schicken können. Daß kleine [224] vom könig in Preussen ist über die maßen woll geprächt, die antiquen seindt nicht schönner. Der arme abé Thessut jammert mich, so wenig geselschafft zu Franckfort zu haben; den eine conversation mitt dolmetscher kan nicht lang bestandt haben. Ich admirire allezeit die leütte, so von großer conversation sein; den ich kan nie nichts rechts zu sagen finden in der conversation undt kan auch nicht spillen; den ich liebe daß spiellen gar nicht mehr. Mich deücht, im lombre wirdt man alß gefiltzt wegen übel spillen; daß möchte Eüch auch woll widerfahren sein, weillen Ihr es so vergeßen hattet. Wen man keine inclination zum spillen hatt, spilt man allezeit übel. Ich kan nicht begreiffen, wie man in den stätten dawern kan; auff dem landt findt man viel eher waß, so einem amussiren kan, es seye dan, daß man gutte geselschafft im hauß hatt, da man frey mitt ist, wie Ihr andern mitt der fraw von Degenfelt. Daß kompt mir possirlich vor, daß die fraw von Wolmershaussen schon eine geheürahte dochter hatt. Mein gott, wie geht die zeit vorbey! Wie nahe ist die junge Riedtin der Rieden verwandt, da mein bruder s. so viel von gehalten? Man hatt mir die historie von dem keißerlichen obersten, so graff Evergenie solle geheyßen haben, auch von Strasburg geschickt etliche tag vorher, ehe ich Ewer schreiben endtpfangen; aber umb die warheit zu bekenen, so habe ichs gantz undt gar nicht geglaubt. In den getruckten zeittungen habe ichs nicht gesehen. In jener welt werden wir vielleicht wißen, waß der teüffel thun kan, in dießer aber verspürt man nur die boßheit von boßen menschen. Ich habe gehört, umb es auff gutt teütsch zu sagen, daß die churfürstin zu Pfaltz sehr jalous von ihrem herrn sein solle, aber damitt richt man wenig auß. Monsieur Jordan, der polnische gesandte, war heütte morgen bey mir; der will nicht gestehen, daß seine königin solle ohnmachtig geworden sein, alß sie die zeittung vom verbrandem schloß vernohmen. Den churprintz hatt man gleich in den gartten getragen, wie man den brandt verspürt. Waß wunderlich ist, ist, daß es oben ahm tach ahngangen ist. Ich habe noch mehr undt unterschiedtlich brieffe von Eüch, liebe Louisse, undt von Amelisse entpfangen, aber ohnmöglich beantwortten können; den ich habe eine kurtze zeit her sehr viel gejagt. Ambrassirt Amelisse von meinetwegen undt sagt Ihr, daß, so baldt es mir möglich sein wirdt, werde ich ihr auch schreiben! Diß ist heütte schon der 6te brieff, [225] den ich schreibe, habe also die handt waß müde undt werde vor dießmahl nichts mehr sagen, alß daß ich Eüch beyde von hertzen lieb behalte.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 19. April 1701 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 1 (1867), S. 223–225
Onlinetext URL: http://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d01b0130.html
Änderungsstand:
Tintenfass