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Brief vom 15. Mai 1701

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


131.


[225]

A mad. Louisse, raugraffin zu Pfaltz, a Franckfort.

Port royal den 15 May 1701.
Hertzliebe Louisse, ich habe zwar seyder eine kurtze zeit 2 liebe brieff von Eüch entpfangen, aber ohnmöglich eher, alß nun, andtwortten können. Daß erste vom 23 April habe ich durch die post entpfangen undt daß vom 28 hatt mir der abbé de Thesseut vergangen sontag überlieffert. Ich werde hiemitt auff beyde zugleich andtwortten, aber in großer eyll; den in ein stundt muß ich au palais royal fahren, umb ein kindt dort mitt meinem sohn zu halten, ein söhngen von einer dame, so von meinen freüllen geweßen; zu unßern zeitten hette man jungfer gesagt, aber alles endert sich in dießer welt. Aber hirauß segt Ihr woll, daß ich nicht anderst alß in großer eyll werde schreiben können. Es ist war, daß ich seyder kurtzer zeit gar offt gejagt habe mitt dem könig. Der frühling kompt hir auch gar spät ahn undt alle gar alte leütte sagen, daß sie ihr leben so kein jahr gesehen, wie dießes ist, da alles so gar spät grün wirdt. Zu St Clou seindt nur die maronier undt palisaden grün, die große buchen, eychen undt birckenbaum seindt es noch gar nicht. Ahn die Pfaltz darff ich nicht gedencken, so sehr jammert sie mich. Ich weiß nun schon, daß die sachen, so in meinem nahmen zu Franckfort sein tractirt worden, nach Rom gewießen sein. Der herr Binder hett seinen aydt sparen können; den ich glaube, daß er nur nach seine ordre vom keyßer judicirt hatt, auffs wenigst wie man mir versichert; den ich verstehe die affairen gar nicht. Zu Ewerm wunsch hette ich von hertzen consentirt; den es mir all mein leben leydt geweßen, ein weibsmensch zu sein, undt churfürst zu sein, wehre mir, die wahrheit zu sagen, beßer ahngestanden, alß Madame zu sein; aber weillen es gottes willen nicht geweßen, ist es ohnnöhtig, dran zu gedencken. Daß [226] landt hette ich nicht geschunden, wie dießer churfürst thut, undt alle religionen woll in ruhen gelaßen. Ich wolte lieber churfürst, alß könig in Englandt, sein. Der Engländer humor undt ihr parlement stehet mir gar nicht ahn, gönne es ma tante beßer, alß mir; die wirdt auch beßer mitt ihnen umbzugehen wißen, alß ich würde gethan haben. Ich finde gar kein difficultet, daß Ihr die offre ahnnehmen soltet, so ma tante, die fraw churfürstin, Eüch thut. Es ist weniger schandt vor Eüch, liebe Louisse, dieße churfürstin, so Eüch so nahe ist, zu dinnen, alß die keyßerin selber. Gott gebe nur, daß Ihr es lang sein möget undt unßere liebe churfürstin noch mehr alß 30 jahr leben möge undt Ihr undt Amelisse bey ihr sein bleiben! Ich werde Eüch woll vor glücklich schätzen, bey I. L. zu sein können. Die churfürstin von Bayren solle gar einen wunderlichen humor haben; wundert mich also nicht, daß sie sich nicht hatt sehen laßen im vorbeyreißen. Hiemitt ist Ewer erstes schreiben vollig beantwortet, ich komme auff daß zweyte. Ich verstehe die sachen, so man in meinem nahmen vor Monsieur macht, eben so wenig undt noch weniger, alß Ihr, liebe Louisse! Ihr verstehet noch, waß processen sein, ich aber gar nicht, mögte aber sehr wünschen, daß etwaß dem vatterlandt zum besten geschen könte. Es ist mir leydt, daß meine recomandation Eüch nichts hatt nutzen können; habt doch meinen gutten willen gesehen. Abbé Thesseut hatt schlime opinion von Ewerer sache. Mein bruder s. war ein gutter mensch, bin woll versichert, daß man ihm Ewer sach übel muß vorgebracht haben, wofern Eüch tort geschehen. Ich wolte von hertzen, daß ich Eüch dinnen [könnte], wolte es gern thun. Daß macht mich unerhört alt, der fraw von Wollmershaußen große enckel zu wißen. Wollmerhaußen kan auch nicht gar jung mehr sein, solte also woll nicht ahn widerheürahten gedencken, wen gleich seine fraw zu sterben kommen solte, welches mir leydt were; den ich halte noch allezeit viel auff sie. Wolte gott, der hertzog von Zelle hette sein leben so keinen ungleichen heüraht gethan, so alles unglück ins hauß Braunsweig geführt hatt! So sachen glücken nie. Hette mein sohn so viel taußendt thaller, alß ihm sein heüraht gerewet, so were er steinreich. Gott auffrichtig zu dinnen, ist überall loblich. Ich glaube, daß ein jeder sein destin hatt, daß er nicht übergehen kan. Ich wolte gerne noch lenger blaudern, allein es ist lang, daß ich nicht ahn Amelisse geschrieben; will ihr doch auch ein par wort sagen, muß [227] derowegen vor dießmahl schließen undt nichts mehr sagen, alß daß ich Eüch von hertzen ambrassire undt sehr lieb habe.
P. S.
Ich mögte wißen, ob es war ist, daß mein baß, die printzes von Cassel, deß königs in Preussen fraw dochter, todt ist, wie man hir sagt. Last michs wißen undt wovon sie gestorben!
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 15. Mai 1701 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 1 (1867), S. 225–227
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d01b0131.html
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