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Brief vom 29. Juli 1701

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


135.


[232]
Marly den 29 Julli 1701.
Hertzliebe Louisse, gestern abendts habe ich Ewern lieben brieff vom 21 zu recht entpfangen, will geschwindt drauff andtworten; den schiebt man nur einen tag auff, so kommen hernach taußendt verhinderungen dazwischen, undt habe mir fest vorgenohmen, fleißiger zu schreiben, nun ich, gott lob, wider vom fieber befreyet undt gantz gesundt bin. Es war einmahl zeit, wider gesundt zu werden nach 28 accessen. Ich habe meine gewohnliche stärcke undt kräfften noch nicht, allein ich werde doch taglich beßer. Ich habe alllengst auff daß schreiben geantwortet, worinen Ihr mir der königin mutter in Denemarck compliment gemacht, undt gebetten, meine demütigste dancksagung abzulegen; wundert mich, daß Ihr den brieff nicht entpfangen habt; habe so baldt geschrieben, alß es mir nur immer möglich geweßen; den ich bin nach meinem unglück noch 4 gantzer wochen kranck geweßen, sonsten hette ich gleich geantwortet. Den ich bin recht touchirt, daß I. M. die königin meiner so gnädig gedacht haben, undt würde mir recht leydt [sein], wen die königin meinen konte, daß ich nicht alle schuldigste erkandtnuß davor habe; kan nicht begreiffen, wo meine brieffe müßen hinkommen; den ich hatte ahn Eüch, liebe Louisse, undt auch ahn Amellisse geschrieben, ahn jede apart. Es ist mir recht lieb, daß die königin Eüch so woll tractirt hatt undt der churfürstin zu Pfaltz daß exempel geben, wie man mitt Eüch umbgehen solle. Mein gott, wie finde ich die königin in Denemarck so glücklich, die lieben ihrige noch zu haben undt bey ihnen zu sein können! Ich hette hoch von nöhten in meinem betrübten standt, waß zu finden, so mich divertiren konte; außer daß spatziren gehen ist mir jetzt nichts erlaubt. Mein gröster trost stehet in deß königs gnaden, welche noch continuiren. I. M. seindt mir entgegen kommen undt haben mich mitt sich spatziren geführt. Ich bin erst seyder sontag hir, der könig aber war schon seyder mittwogen hir. Ich habe [233] nicht eher her gedorfft, weillen leyder vergangen sambstag Monsieur s. begrabnuß war, welcher tag, ob ich zwar nicht dabey, [mich] doch hatt hertzlich weinen machen, wie leicht zu erachten ist. Man rufft mich alleweill, weillen viel damen mich sprechen wollen; muß derowegen schließen undt nichts mehr sagen, alß daß ich Eüch bitte, Amelisse von meinetwegen [zu] ambrassiren undt persuadirt zu sein, daß ich Eüch beyde allezeit sehr lieb behalten werde.
P. S.
Ich bitte, sagt mir doch, wie kompts, daß Carl Moritz mir nicht daß leydt geklagt hatt! den ich habe kein schreiben von ihm bekommen.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 29. Juli 1701 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 1 (1867), S. 232–233
Onlinetext URL: http://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d01b0135.html
Änderungsstand:
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