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Brief vom 9. März 1702

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


157.


[269]

A mad. Louisse, raugräffin zu Pfaltz, a Hannover.

Versaille den 9 Mertz 1702.
Hertzliebe Louisse, ich habe zwar Ewer liebes schreiben vom 24 Februar schon vergangene post entpfangen, aber selbigen tag so unerhört viel zu thun gehabt, daß ich ohnmoglich eher, alß nun, auff Ewer schreiben habe antworten können. Ich bin noch nicht gantz von den affairen befreyet, alle tag gibt es waß neües undt selten waß guts. Ich glaube, solche sachen können nie kein endt nehmen; freylich ist es gar nicht divertissant. Ich schreibe ahn [270] Carl Moritz den eintzigen lust, so ich dießen carnaval gehabt habe, drumb repetire ich es hir nicht. Ihr könt es in seinem brieff sehen. Ich bin recht fro, daß Ihr mir confirmirt, waß Amelisse mir schon geschrieben, nehmblich daß ma tante, die fraw churfürstin, so in voller gesundtheit ist. Gott der allmächtige erhalte I. L. noch viel undt lange jahren dabey! Man rufft mich in die kirch, nach der kirch werde ich dießen brieff außschreiben. Ich komme jetzt wider auß der kirch. Ich kan bey mir selbsten leicht ermeßen, waß vor eine frewde es Eüch sein muß, bey ma tante zu sein; mich deücht, wen ich diß glück nur noch einmahl haben könte, würde ich hernach getröster sterben können. Ewers schwagers affairen können ja nicht ewig wehren undt müßen einmahl zum endt gehen undt ich glaube, daß ma tante Eüch woll erlauben wirdt, solche außzumachen. Weder ahn königin noch keyßerin hette ich Eüch nicht gerahten, Eüch zu engagiren, aber mitt ma tante hatt es gantz eine andere beschaffenheit; dern können wir andern I. G. deß churfürsten s. kinder nie nichts abschlagen, den wir haben ihr all zu große obligation. Ma tante schreibt mir selber alle divertissementen, so sie dortten haben. Ich habe heütte kopffwehe undt habe doch schon 5 brieff ohne dießen geschrieben undt habe noch 2 zu schreiben, muß derowegen nur ahn schließen dencken. Suzon wirdt Eüch woll meine brieffe schicken. Es ist gewiß kein platz im schloß zu Hannover, daß man Eüch in die statt logirt hatt; wen die frembten weg sein werden, wirdt man Eüch woll wider ins schloß nehmen, hoffe ich. Ich kan ohnmoglich mehr schreiben. Adieu, liebe Louisse! Seydt versichert, daß ich Eüch allezeit von hertzen lieb behalte!
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 9. März 1702 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 1 (1867), S. 269–270
Onlinetext URL: http://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d01b0157.html
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