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Marly, sambstag den 6 May 1702.
Hertzliebe Amelisse, gestern habe ich Euer schreiben vom 27
April zu recht entpfangen, will noch drauff antwortten, ehe ich
wider nach Versaille fahre; den heütte gehen wir alle wider hin.
Dieße reiße sein wir lang hir geweßen; den es war vergangenen
mitwog 8 tag, daß wir herkommen sein. Gestern, wie ich Ewer
schreiben entpfunge, kame ich eben von der jagt mitt I. M. dem
könig. Die jacht war perfect schön. Der könig hatt kleine calesche
undt kleine pferdtger; die renen aber so starck, daß man allezeit
bey den hunden ist undt die jagt schir nie verliehrt, eben alß
wen man zu pferdt were. Die jagt wehrte nur anderthalb stundte
undt die hunde ersoffen den hirsch allernegst hirbey in einem weyer.
Es war recht schön, alle die hunde mitt dem hirsch ins waßer zu
sehen, alle die leütte, magnifiek gekleydt, so drumb herumb wahren,
undt alle die jager, so auff den jagtshörner sehr woll blaßen. Es
war ein recht specktackel, aber genung hirvon! Ich komme auff
Ewer liebes schreiben. Suzon ist noch nicht hir ahnkommen; ich
habe aber zeittung von Nancie gehabt, daß sie dortten ist. Die
fraw von Rathsamshaussen ist auch dort, glaube, daß sie mitt
einander kommen werden. Die fraw von Rathsamshaussen ist gar
kranck zu Nancie geweßen, hatt also nicht eher kommen können.
Ich habe, wie Ihr den woll secht, liebe Amelisse, Ewer schreiben
noch nicht entpfangen. Man versichert mich aller ortten her, daß
der romische könig gar gewiß auff dem Rhein kommen, habe aber
nicht gehört, daß I. M. biß auff Franckfort werden, sondern man
hatt mir gesagt, er würde zu Heydelberg bleiben. Die königin,
wie man mir versichert, solle gar gewiß nicht mittkommen; also
wirdt Franckfort nicht so sehr im glantz sein. Daß man sich zum
krieg preparirt, ist kein wunder; den es ist ein außgemachte sach,
undt glaube nicht, zu sehen, wie der krieg ahnfengt, daß meine
kindtskinder nie den generalfrieden wider sehen werden. Louise
hatt mir schon geschrieben, wie content die graffen von Brockdorf
vom lotteringischen hoff sein. Ich habe es meiner dochter auch
geschriben. Die kleine Rotzenhaussen ist all artig, aber kein
große schönheit; sie gleicht ihrem vatter sehr undt schlegt viel
mehr ins rotzenheüssisch alß veningerisch geschlegt. Es wundert
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mich nicht, daß der fraw von Schelm ihre kinder nicht schön sein;
den Schelm ist all heßlich undt die Gret nicht schön. Wo solten
den die kinder die schönheit her nehmen? Sie müßen übel erzogen
undt brutal sein, wen sie so geschwindt mitt den wörttern herauß
wischen. Worumb verwundern sich die leütte, daß Ihr der
Schelmin kinder undt sie selber vor freünde halt, da Ihr doch alle
landtsleütte seydt undt von jugendt auff mitt der mutter bekandt
seydt? Wir haben gar nichts neües hir, kan Eüch also, liebe
Amelisse, nichts anderst sagen, alß daß ich Eüch allezeit recht lieb
behalte.