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Brief vom 31. Dezember 1702

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


182.


[312]

A mad. Louisse, raugraffin zu Pfaltz, a Franckfort.

Versaille den 31 December 1702.
Hertzliebe Louisse, vorgestern habe ich ein paquet von ma tante bekommen, worinen ich ein schreiben von Eüch entpfangen vom 12 dießes monts. Es ist nahe bey 3 monat, daß ich nichts weder von Eüch, noch von Amelisse, entpfangen; daß hatte mich glauben machen, daß Ihr mir nicht mehr schreiben dörfft; drumb auß forcht, Eüch in verdacht zu bringen oder händel zu machen, habe ich auch nicht schreiben dorffen. Wen Ihr mir seyder 3 monat geschrieben, müßen alle meine brieffe auffgefischt sein worden; den es ist gewiß, daß ich keinen eintzigen seyder der zeit entpfangen habe. Durch ma tante, die fraw churfürstin, gehen die brieff sicher, wie Ihr segt; können einander also noch durch dieße gelegenheit schreiben[1]. Es ist doch eine abgeschmackte sach, daß man nicht leyden will, daß wir einander schreiben; den wir wißen ja die secretten vom stadt nicht undt mischen unß in keine staadtshändel. Waß ist dem keyßer dran gelegen, daß wir einander [313] sagen, daß wir unß lieb haben, ob ein heüraht oder kindttauff ist, ob eine commedie woll oder übel gespilt wirdt undt dergleichen, welches ja weder dem keyßer noch dem reich nichts ahngeht? noch wer lebendig oder todt ist, können wir einander auch noch sagen, ohne niemandes zu offendiren. Hir verbiedt mans nicht, in Teütschlandt zu schreiben. Worumb verbiedt man den in Teütschlandt, nach Franckreich zu schreiben? Aber waß ich auch sagen mag, wirdt es doch nicht endern, will derowegen nur mitt Eüch der gantzen christenheydt zum besten wünschen, daß es baldt frieden moge werden. Die officirer stehlen sich ahn, alß wen sie den frieden nicht wünschen, aber ich glaube es nicht; den bey dem krieg kommen sie umb, weren blindt undt lahm. Es ist nicht naturlich, daß man daß wünscht. Von Monsieur de Casqué habe ich mein leben nichts gehört, es muß nichts besunders sein. Varene aber kene ich gar woll. Der graff von Hohenloh ist zu bedawern. Der krieg wirdt noch manche witwe machen. Ich finde nicht, daß es ein glück vor die graffin von Hohenloh geweßen, bey ihrem herrn biß ahn sein endt geweßen zu sein; den daß spectacle wirdt sie nur noch mehr betrübt haben. Ich bitte Eüch, liebe Louisse, danckt doch hertzog Christian dinstlich meinetwegen vor die ehr, so I. L. mir thun, sich meiner noch zu erinern, undt versichert I. L., daß ich gar fleißig ahn sie gedencke! Die grösten fest seindt nicht, wo man sich ahm lustigsten macht; wo man mitt gutten freündin ist, denen man trawen kan, da macht man sich viel lustiger mitt, alß in den großen geselschafften; also kan ich leicht glauben, daß hertzog Christian gern bey Eüch ist. Er ist doch auch ein Heydelberger, erinere mich seiner geburt, alß wens heütte wehre. Hertzog Max muß daß geraß mehr lieben, wo er nicht bey Eüch andern bleiben kan. Hirmitt ist Ewer lieber brieff vollig beantwortet, liebe Louise! Weillen wir aber nun gantz zum endt von dießem jahr sein, so kan ich nicht schließen, ohne Eüch undt Amelisse ein glückseeliges neües jahr zu wünschen, daß Eüch gott der allmachtige bey gesundtheit erhalten undt alles geben, waß Eüch ahn leib undt sehl nutz undt seelig mag sein, auch alles, waß Ewer hertz wünschen undt begehren mag. Adieu! Ich ambrassire Eüch von hertzen, wie auch Amelisse, undt versichere Eüch beyden, daß ich Eüch allezeit sehr lieb behalte.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 31. Dezember 1702 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 1 (1867), S. 312–314
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d01b0182.html
Änderungsstand:
Tintenfass