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Brief vom 5. April 1703

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


189.


[320]

A mad. Louise, raugraffin zu Pfaltz, a Hannover.

Versaille, den gründonnerstag 5 April 1703.
Hertzliebe Louisse, vergangen sontag entpfing ich zwar Ewer liebes schreiben vom 19 Mertz in ma tante paquet, konte aber ohnmöglich drauff andtwortten; den wir musten, weillen es palmensontag war, lang vor- undt nachmittags in der kirchen sein undt hernach hatte ich ahn ma tante zu andtworten, ahn mein dochter, ahn die königin in Spanien undt ahn ma tante von Maubuisson, schriebe auch noch 3 andere brieff nohtwendig nach Paris, konte also ohnmöglich Eweren lieben brieff eher, alß dieße post, beantworten. Da ich mitt noch einen von Ewern lieben brieffen bin erfrewet von Zelle vom 26 Mertz, werde sie hiemitt beyde auff einmahl beantworten. Ma tante große brieff seindt mir ein großer trost. Ich habe nicht so baldt einen beantwortet, daß ich den andern gleich mit großen verlangen wider erwarte, überleße auch dero gnädige schreiben mehr alß einmahl; den ahngenehmer kan man woll nicht schreiben, alß I. L. thun. Gott sey danck, daß die lieb churfürstin wider in so perfecter gesundtheit ist! Ma tante, die fraw abtißin, ist auch, gott sey danck, wider gantz woll. Dieße fürstinen haben, gott lob, starcke naturen, hoffe, daß sie es weit bringen werden. Die hertzogin von Zel kene ich nicht, aber des hertzogs gutte ist mir lengst bekandt. Ich habe den herrn recht von hertzen lieb. Der nahme de la Roche ist sehr gemein in Franckreich, kan also nicht wißen, wer die ist, so bey der hertzogin von Zelle ist. Wie Ihr mir die hertzogin von Zelle beschreibt, muß sie gar nicht mehr schön sein. Ich habe all lengst gehört, daß sie ihre zähn verlohren; daß veralt sehr. Dieße hertzogin kan woll alt außsehen, den sie ists; aber die königin in Engellandt, so noch kein 40 jahr alt ist, daß ist etwaß wunderliches, daß die alt außsehen kan. Mylordt Wustock habe ich nie dantzen sehen, allein [321] durch seinen gang solte ich woll judiciren, daß er nicht woll dantzt. Ihr spot meiner, lieben Louissen, mir zu dancken wollen, daß ich Eüch amitiés mache; daß ist ja gantz natürlich, also kein compliment drüber zu machen. Hirmitt ist Ewer letztes schreiben vollig beantwortet, ich komme auff daß erste. Von ma tante kranckheitt will ich nichts mehr sagen, weillen sie, gott lob, vorbey ist, nur wünschen, daß I. L. gesundtheit lang dawern möge. Wen ich den husten habe, eße ich gar offt salat, daß seübert den halß inewendig; aber bücking ist ärger, den daß gesaltzen macht, ohne verkält zu sein, husten. Wen die Engländer nicht so ohnbestandig wehren, were woll waß von ihrer affection. So lang ihre fürsten nicht könige sein, haben sie sie lieb; so baldt sie auff den thron steigen, werden sie ihnen feindt. Daß mißfelt mir ahn ihnen, undt so gnädig ma tante ihnen auch sein mag, fürchte ich doch, daß, wen es ahn dem kommen solte, daß sie nicht mehr so viel affection finden würde. Ich bin fro, daß Eüch I. L. der churfürst von Braunsweig gern bey seiner fraw mutter sicht undt es Eüch selber versichert, wünsche, daß Ihr allezeit vergnügt leben möget, undt seydt versichert, liebe Louisse, daß ich mich allezeit in alles interessiren werde, waß Eüch begegnen kan! den ich Eüch von hertzen lieb habe undt allezeit lieb behalte.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 5. April 1703 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 1 (1867), S. 320–321
Onlinetext URL: http://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d01b0189.html
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