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A mad. Amelie Elisabeth, raugraffin zu Pfaltz, a Franckfort.
Versaille den 27 May 1703.
Hertzliebe Amelise, wir kommen jetzt eben auß der predig
undt vesper, alwo eine solche abscheuliche hitze war, daß wir schir
alle verschmoltzen sein. Ich glaube, es wirdt baldt ein wetter
kommen; den es ist schwul warm. Unahngesehen der hitze will ich
Eüch doch andtwortten, liebe Amelisse, auff Ewer schreiben vom
13 May, so ich gestern entpfangen. Louisse hatt mir schon von
Franckfort auß geschrieben undt auch, wie sie von Hannover weg
ist, weiß also ihre reiße. Ob sie zwar wider nach hoff eylt, so liegt
Ihr ihr doch sehr ahm hertzen, wie ich auß ihrem letztem
schreiben gesehen, undt quitirt Eüch gar ungern. Von sich selber undt
von sein hauß herr undt meister zu sein, ist eben kein unglück.
Mich deücht, daß Ihr nun gar offt östereichsche geselschafften habt;
ist doch gutt, wen die geselschafften, wo man mitt umbzugehen hatt,
ahngenehm sein. Solte hertzog Christian noch bey Eüch sein, wen
Ihr dießen brieff entpfangen werdet, so bitte ich, Ihr woldt I. L.
doch gar dinstlich dancken vor dero ahndencken, welches mich
allezeit recht erfrewet. Ich weiß nicht, ob der hertzog von
Meiningen, welchen Ihr zu Franckfort habt, derjenige ist, welchen wir
vor etlichen jahren hir gehabt haben; ist mittelmäßiger lenge, mehr
fett, alß mager, eine blunde peruque, einen gar blatten mundt,
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zimlich dick undt rundt gesicht, woll manirt, aber ein wenig zu
complimentisch alzeit vor mich. Die princes von Ahnspach jammert
mich von hertzen. Ihr herr bruder s. war der ahngenehmbste herr,
den man sehen mogt, schön wie ein engel von haubt biß zu füßen.
Ich glaube, daß der jetzige margraff, welchen ich auch woll kene
undt lang hir geweßen undt gar ein gutt kindt ist, woll nichts wirdt
gegen dem churfürsten von Bayrn thun undt fro sein, daß sein
landt verschondt mag bleiben. Nun bin ich vollig instruirt, waß
ein reichs-schultes ist. Hertzog Christian ist woll in der that ein
hertzog von Braunsweig, allein er ist auch ein Pfältzer, weillen
I. L. ja zu Heydelberg im Otto-Henriches-bau gebohren sein. Ich
wolte lieber mitt leütte zu thun haben, so mir gutte metwürst,
knackwürst undt breühan machten, alß mitt naßenweißen, wie man
hir hatt, denen man nichts zu recht sagen kan. Von hir kan ich
Eüch nichts neües sagen, alß daß der duc de Bourgognien morgen
auffbrechen wirdt, umb nach Strasbourg zu reißen, wo I. L. zu felt
gehen werden. Waß es weitter geben wirdt, soll die zeit lehren.
Louisse ambrassire ich hirmitt so woll, alß Eüch, liebe Amelise,
undt versichere, daß ich Euch alle beyde allezeit sehr lieb
behalten werde.