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Versaille den 13 November 1703.
Hertzliebe Louisse, seyder ich von Fontainebleau kommen,
habe ich 4 schreiben von Eüch entpfangen vom 1 undt 18
September, 8 undt 13 October, alß zwey undt zwey auff einmahl; ich
habe aber ohnmöglich drauff andtworten [können], hatte kaum der
zeit, ahn ma tante zu andtworten. Den wie ich die 8 ersten sambt
Eweren bekamme, war just daß fest von allerheylligen, alwo man
hir lang in der kirch muß sein. Den 2 tag nach dem fest seindt
wir nach Marly, wo lustigere ursachen mich ahm schreiben verhindert,
nehmblich die jagt undt die mussiq, habe auch ein reißgen nach
Maubuisson gethan. Die königliche personnen von Engellandt seindt nach
Marly einen tag kommen. Ich habe auch einen andern tag nach
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St Germain gemüst, also in den 9 tagen, so wir zu Marly geweßen,
ohnmöglich schreiben könen. Wir seindt nun sey[der] vergangen
sambstag abendts wider hir, bin aber alß interompirt worden undt habe
ohnmöglich eher, alß nun, zum schreiben gelangen können; heütte
aber hoffe ich, auffs wenigst auff ein par von Ewern schreiben zu
andtwortten, fange bey dem frischten ahn vom 13 October. Ich
weiß nicht, liebe Louisse, ob Ihr alle meine brieffe entpfangen
habt; allein ich habe nicht manquirt undt auff alle Ewere
schreiben gar exact geantwortet. Ihr habt gar recht errahten, liebe
Louisse! den ich bin nun, gott seye danck, wider in gar
volkommener gesundtheit undt den 13 October hatte ich zu Fontainebleau
schon wider braff gejagt undt gar kein fieber noch einige
kranckheit mehr gespürt, were auch vergnügt dort geweßen, wen ich nur
zeittung von ma tante, die fraw churfürstin, hette haben können.
Daß ich aber nur einen eintzigen brieff undt schir gantz zuletzt
dortten entpfangen, hatt mir alles dort verlait undt gemacht, daß
ich keine rechte freüde in nichts habe nehmen können; den ich war
zu sehr in sorgen vor I. L. Gott sey danck, daß der unmuht I. L.
nicht, wie ich furcht hatte, kranck gemacht hatt! Ich habe eine
gutte natur, weillen ich mich nie mitt zu viellen aderläßen undt
medecinen geschwächt habe; ich kan braff kranckheitten außstehen,
habe deren schon viel hir gehabt; der übelle halß war mein
gröster schmertzen. Ihr habt gar woll gethan, liebe Louisse, ma tante
zu persuadiren, daß es kein gefahr mitt mir hatte; den I. L. seindt
mir so gnädig, daß ich versichert bin, daß es ihnen sehr würde
gejammert haben, wen sie mich so übel gewust hetten, alß ich in
der that geweßen bin. Es ist woll war, daß in dießer welt nichts
beßers ist, alß die gesundtheit, wie Ihr es gar recht sagt; sie stehet aber
nicht bey unß, sie zu behalten, so lang wir es wünschen mögten. Es
seindt wenig leütte diß jahr gestorben ahn kranckheitten; hir wahren
2500 krancken zu Versaillen, von dießen allen seindt gar wenig
gestorben. Gott sey danck, daß sich unßere liebe churfürstin so woll
befindt, undt erhalte I. L. lange jahren dabey! Vor den gutten wunsch,
daß unßer herrgott ma tante ferner vor unglück bewahren möge,
sage ich von hertzen amen. Es ist mir lieb, daß hertzog Max so
glücklich von der letzten gekommen ist; seine zeit war nicht
kommen, wie deß gutten hertzogs Christian seine. Waß gott zu allen
zeitten vorsehen hatt, muß woll geschehen, es sey zum leben oder
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todt. Es ist war, daß ma tante eine rechter trost undt erquickung
vor mir sein. Ich glaube, daß der general Fleming, bey welchem
Ihr zu mittag geßen mitt allen den hofffreüllen, deß Flemings
vatter ist, den wir lang hir gehabt haben undt welcher gar ein gutter
mensch ist. Er ist auch, wo mir recht ist, ins königs von Preussen
dinsten, werdt ihn also woll ohnen zweyffel bey seinem vatter
gesehen haben. Carttenspiellen wer mein sache nicht; es ist mir gantz
verlait, spille nie, ob es zwar hir im landt so sehr der brauch ist,
daß, wen man nicht spilt, sagt man einem ins gesicht, daß man zu
nichts nutz ist. Daß ich Eüch, liebe Louisse, in meiner wehrenden
kranckheit geschrieben, daß meritirt keine dancksagung; den weillen
ich persuadirt bin, daß Ihr mich so lieb habt, alß ich Eüch habe,
war es ja billig, daß ich Eüch berichte, wie es umb mich stunde.
Hiemitt ist Ewer letztes schreiben vollig beantwortet, ich komme
jetzt auff daß vom 8 Octobris. Ich bin lengst außer gefahr, werde
also hirvon nichts mehr sagen. Man kan in keiner beßern undt
volkommener gesundtheit sein, alß ich, gott dem allmächtigen seye
danck, nun bin. Vor den gutten wünsch, so Ihr mir thut, liebe
Louisse, daß es möge bestandt haben, dancke ich Eüch sehr. Ich
verfluche taglich woll von hertzen die, so ursach sein, daß die
posten gebrochen sein worden, undt es ist mir recht unleydtlich,
nachdem ich gewondt geweßen, daß die brieffe von ma tante undt die
Ewerigen, so vor dießem nur 7 tag alt wahren, jetzt gantze monaten
alt sein, undt noch dazu bekompt man sie nicht. Man muß die
gedult nehmen, wie papa s. alß pflegt zu sagen, nehmblich jl faut
prendre patiance en enragent. Die fraw von Rotzenhaussen hatt
dieße reiße nicht her kommen können; sie ist zweymahl selber auff
den todt gelegen, hatt all ihr bludt verlohren durch pirlen, welches
zu starck undt sie schir umb leben gebracht hette. Es ist war,
daß ihre dochter, so bey mir geweßen, mitt einer gräffin von
Nassaw nach Franckfort geweßen; nun ist sie wider zu Luneville
bey meiner dochter. Durch Lotheringen werde ich Amelisse brieffe
eher bekommen; wie ich glaube, kan es ahngehen. Ob ma tante
mir zwar schreibt, waß zu Lützenbourg vorgeht, so werdet Ihr mir,
liebe Louisse, doch einen gefahlen thun, mir auch eine relation
davon zu machen; den die Ewerige seindt alzeit gar exact undt ich
entpfange gern große brieffe. Solch ein ruhig gemüht zu haben,
wie ma tante, daß ist nicht leicht zu thun undt ist eine rechte gabe
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gottes. Hiemitt ist Ewer zweytes schreiben auß vollig beantwortet,
liebe Louisse! bleibt mir also nichts mehr überig, alß Eüch zu
versichern, daß ich Eüch all mein leben von hertzen lieb behalten
werde.