Seitenbanner

Brief vom 28. Dezember 1703

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Amalie Elisabeth zu Pfalz


201.


[335]
Versaille den 28 December 1703.
Hertzliebe Amelisse, ich bin recht fro, daß unßere corespondentz nun eingericht ist. Ich habe schon vor lenger, alß 8 tagen, Ewern lieben brieff entpfangen, aber wegen hundert verhindernüßen nicht zum schreiben gelangen können. Daß heßliche nebelichte wetter hatt mir ein wenig den husten verursacht, aber es geht doch noch woll hin; bin doch sonsten, gott lob, gar gesundt. Mein secretarius fengt wider ahn, zu sehen; also habe ich ihm die recomandationschreiben sehr ahnbefohlen ahn monsieur de Vert et de Fomeront. Der graff von Nassau Weillburg hatt schlegte ehre eingelegt, hergegen erschalt meines vettern, deß erbprintzens von Hessen, lob allerseits. Ich glaube, der printz von Homburg, so geblieben, war der, so einmahl so eine kurtze reiße hieher that undt welchen ich einmahl gesehen. Daß arme gräffgen von Nassau jammert mich recht. Sein herr vatter hatt ihn schändtlich verlaßen undt ist der erste durchgangen. Sein sohn rieff ihm, er solte ihm helffen; er ließ aber den sohn im stich undt ging durch, muß ein schlechter krieger sein. Graff von Frissen hatt sich über die maßen woll gehalten. Ich bin woll Ewerer meinung, daß nichts in der weldt geschicht, alß waß vorher verhengt ist. Ich wuste woll, daß der fürst von Vssingen ein frewen von Lowenstein geheüraht hatte, aber nicht, daß es eben dieße sey, so jetzt zu Franckfort ist. Gebt ihrer schwester, so hir ist, viel einen größern nahmen, alß den, so sie führt. D’Anjou daß seindt deß königs brüder oder enckeln, die dame aber heißt Dangeau, also gar ein großer unterschied; den dießer ist gar kein fürst, sondern nur ein edelman. Ich kene den jungen fürsten von Ussingen gar woll, er ist hir zu Paris geweßen. Es ist ein gutt kindt, aber nicht artig, sondern ohne einige vivacitet, ist, wie man alß vor dießem in Teütschlandt sagt, ein gutter frommer herr. Es wirdt aber seine schuldt nicht sein, wo der friden nicht gemacht, wie eine gräffin von Greiffenstein [336] alß pflegt zu sagen, wen sie jemandts sahe, so eben nicht viel geist hatte. Ich muß lachen über die vergleichnuß, so Ihr macht von denen, so auß der armée kommen, ahn daß alte sprichwort: Wo kompt ihr her? Von der hochzeit. Daß muß langsam gesagt werden undt zu der hochzeit geschwindt. Die vers auff St Evremont seindt nicht just; den wolte er nur die welt undt künsten kenen, so hatt er gott nicht gesucht, ware also nicht a l’escole pour cognoistre dieu. Ich habe St Evremont nie gesehen, aber woll sein contrefait, daß, außgenohmen die loupe undt gewecks, so er im gesicht gehabt, viel ahn Chevreau gleicht. Ich glaube, in dem alter, worinen dießer man war, hatt ihn madame Mazarin woll ohne scandalle auff ihren halß können liegen laßen. Wer der allein drauff gelegen, hette man nicht so übel von ihr gerett. Vom lieben hertzog Christian s. will ich nichts mehr sagen, es ist zu betrübt. Es ist woll leyder schlegte aparentz, daß wir einander wider sehen, alß im thal Josaphat. Wen man einander so nahe ist, wie wir einander sein, so betracht man sich nicht umb die schönheit, sondern nur, weillen man sich lieb hatt. Ma tante, die fraw churfürstin von Braunsweig Liebten, entpfengt so selten brieffe von mir, alß will ich versuchen, ob sie dießen eher durch Franckfort bekommen möge; bitte Eüch, lieb Amelisse, ihn fleißig zu bestellen. Adieu, liebe Louisse! Ich glaube, Ihr werdt all wißen, daß Churbayren Augsburg bekommen; daß ist alles, waß ich weiß. Adieu! Seydt versichert, daß ich Eüch allezeit lieb behalte!
Impressum
Datenschutz
KontaktPost
Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 28. Dezember 1703 von Elisabeth Charlotte an Amalie Elisabeth zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 1 (1867), S. 335–336
Onlinetext URL: http://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d01b0201.html
Änderungsstand:
Tintenfass