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Versaille den 29 Juni 1704.
Hertzliebe Amelise, ich habe Ewer lieben brieff schon vor 8
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tagen entpfangen; die post kam aber so spät ahn, daß ich
ohnmöglich antwortten konte. Es were ohnnohtig geweßen, Eüch eher, alß
heütte, zu schreiben; den mein brieff were nur zu Luneville liegen
blieben. Der comandant von Landau, deßen gemahlin Ihr besucht,
hatt große ehre eingelegt; man estimirt ihn sehr hir. Man spricht
nun anderst, alß zu meiner zeit; den da hette man gemeint, ein
fürsten zu offendiren, wen man ihm seine kriegschargen zum tittel
gebe, wie ich sehe, daß Ihr dem margraffen von Baden thut. Wie
ich sehe, so liebt Ihr die kinder eben nicht sonderlich, weillen es
Eüch frembt vorkompt, daß die fraw margraffin von Baden Liebten
so occupirt mitt den ihrigen ist. Ach, lieb Amelise, wen Ihr mich
nur in Teütschlandt sehen wolt, werden wir einander woll unßer
leben nicht mehr sehen; den auß dießem landt kan ich nicht weg,
so ist mein verhengnuß. Man muß nie vor kein landt kein
antipathie nehmen; den wir wißen nicht, wo unß gott der almachtige hin
vorsehen hatt. Von der religion gebührt mir nicht zu reden. Ich
bin nicht gelehrt genung zum predigen; ich lebe meines glaubens
undt laß ein jeden den seinen leben. Ihr dorfft nicht forchten, mir
scrupul zu geben; die nehme ich gar nicht. Lenor geht meinen
undt nicht Ewern weg; liebe Amelise, wir werden woll beynahe
ahn einem ort kommen. Wen wir die sach zu decidiren hetten,
were es gutt, ernstlich zu sein; aber, liebe Amelisse, waß drauß
werden wirdt, da wirdt man weder Eüch noch mich drumb fragen.
Hirbey schicke ich Eüch eine andtwort vor die fraw von Bernstein.
Lenor recomandirt sich Eüch auch gar schön undt ich bitte Eüch,
die Bernsteinen von meinetwegen zu grüßen undt ihr sagen, daß ihr
sohn, welchen ich hir habe, sich gar woll, redtlich undt ehrlich
helt undt daß ich gar woll mitt ihm zufrieden bin. Grüst auch die
Gret von meinetwegen! Ma tante hatt mir Louisse reiß geschrieben;
sie meint aber, sie gehe ehe weg, Eüch wider zu sehen, alß
wegen ihre gesundtheit. Nun ist Ewer schreiben vollig beantwortet.
Ambrassirt Louisse von meinetwegen! Den ich glaube, daß Ihr nun
besamen seydt. Adieu! Seydt versichert, daß ich Eüch allezeit recht
lieb behalte!
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