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Versaille den 15 November 1704.
Hertzliebe Louise, vor 3 wochen, just den dinstag, wie wir
den donnerstag hernach von Fontainebleau auffgebrochen, habe ich
abendts umb 9 ein schreiben von Eüch vom 9 October entpfangen
undt auch eines von Amelise, beyde von einem datum. Dem
mitwog konte ich ohnmöglich andtwortten; den wir thaten noch eine
hirschjagt undt abendts muste ich packen, weillen man andern tags
weg wurde. Donnerstag fuhren wir nach Seau, da blieben wir
freytags; sambstag abendts kammen wir her. Sontag muste ich ahn
ma tante, ahn die königin in Spanien undt mein dochter schreiben,
auch in kirch gehen, konte also noch nicht andtwortten. Montags
kammen mir sonsten viel verhindernüß, dinstag fuhr ich nach Paris
zu meinen enckeln undt blieb im opera. Mittwog bekame ich brieff
von meinem intendenten, so zu Montargis war, wegen meiner
walder undt mein holtz zu verkauften, auch sonsten viel sachen zu
schlichten, war gantzen tag in affairen. Donnerstag schrieb ich ahn
ma tante undt hatte vissitten, unter andern die princes d’Harcour,
so mir 6 oder 7 brieff brachte, die sie wolte, daß ich leßen, ließ
mir auch keine ruhe, biß es geschehen; den man hatte sie
beschuldiget, ihrem sohn kein gelt geschickt zu haben; darumb wolte sie
sich bey mir justificiren; daß werde biß zum nachteßen nicht ohne
sehr lange weill. Freitags wahren wir den gantzen tag in der kirch
undt abendts zur beicht. Sambstag ging ich zum h. abendtmahl
undt wahren wider gar lang in der kirch. Sontag muste ich wider
den gantzen tag schreiben, auch wider in kirch. Montag fuhren
wir nach Marly, alwo wir biß auff heütigen tag geweßen. Einen
tag habe ich zur königin in Engellandt nach St Germain gemüst;
dießer hoff ist auch ein tag nach Marly kommen. 4 mahl haben
wir den hirsch gejagt, 6 mahl mußick gehabt, habe also
ohnmöglich auff Ewere wehrte schreiben andtwortten können eher, alß nun.
Ich muß auch noch sagen, daß den donnerstag morgendts, alß ich
von Fontainebleau auffgebrochen, habe ich Ewer liebes schreiben
vom 2ten October entpfangen. Wo daß aber so lang mag
gestochen haben, mag mein gott wißen. Dießes ist nun zu aldt zu
beantworten, komme also nur auff daß vom 9 October. Unßere brieffe
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gehen gar langsam, da ist der leydige krieg ahn schuldig, welcher
noch mehr unheill ahnricht. Ich habe heütte ein schreiben von ma
tante, der fraw churfürstin, vom 4ten bekommen. I. L. sagen, daß
sie den montag hernach von Lutzenburg wider auffbrechen undt in
3 tagen nach der Ghör zu hertzog Görg Wilhelm werden. Es ist
mir alß bang, wen ma tante, die fraw churfürstin, die königin, ihre
fr. dochter, quittirt; den daß helt hart. Der heüraht mitt der
printzes von Ahnspach wirdt woll nicht vor sich gehen; den die
printzes kan sich nicht resolviren, catholisch zu werden. Ich habe
alleweill Ewer schreiben vom 2ten überleßen. Es muß mir noch
eins von den Ewerigen fehlen; den Ihr sagt, ich würde auß Ewerm
letzten ersehen haben, daß ma tante zu Lützenburg ist undt die
princes von Ahnspach, von welcher Ihr mir kein wort geschrieben
habt; also muß daß verlohren sein. Vor seeschlagt danck ich Eüch
sehr, die unßere lautt anderst. Ich bin Ewer meinung, daß nichts
ist auff ein noch ander seytt verlohren worden, alß viel tapffere
leütte. Es ist wahr, daß monsieur de Seppeville sehr fleißig zu
mir kompt undt einer von meinen älsten bekanten ist; er ist
possirlich, wen er will. Hirmitt ist Ewer schreiben durchauß
beantwort, nur noch sagen, daß ich Eüch allezeit von hertzen lieb
behalte.
P. S.
Sontag den 16 Nouember 1704.
Ich hatte gestern gehofft, auch noch ahn Amelise zu schreiben
können, allein die zeit ist mir zu kurtz gefahlen; es kan
ohnmoglich dißmahl sein. Ambrassirt sie doch meinetwegen, liebe Louisse!
Ich habe auch noch vergeßen, auff monsieur Salmuth zu
andtwortten. Er mag nur machen, daß man monsieur de Refuges
dochterman herschickt, so bin ich versichert, daß man ihn dießer seytten
wirdt vor frey halten undt die mühe nicht geben, wider
herzukommen.