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Brief vom 20. November 1704

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Amalie Elisabeth zu Pfalz


221.


[362]

A mad. Amelie Elisabeth, raugräffin zu Pfaltz, a Hannover.

Versaille den 20 November 1704.
Hertzliebe Amelisse, vergangen sontag habe ich ein brieff in meiner dochter paquet vor Louisse gethan; ich dachte, ahn Eüch auch zu andtwortten, aber die zeit wurde mir zu kurtz. Seyder dem habe ich noch ein schreiben von Eüch durch den prince de Maubeck, deß prince d’Harcour sohn, entpfangen, worauß ich sehe, daß Ihr nun woll auffs wenigst in der zeit, wen mein paquet zu Hannover ahnkommen, auch dort sein könnet; derowegen thue ich dießen brieff in ma tante paquet, welcher, wie ich glaube, eher überkommen wirdt, alß der, so in meiner dochter brieff ist ahn Louisse. Ich werde hirmitt auff zwey Ewer schreiben andtwortten, fange bey dem frischten ahn. Deß printz d’Harcour sohn ist zwar ein fürst vom lotheringischen hauß, führt aber den namen von prince de Loraine nicht; dießer nahmen gehört allein meinem enckel, deß hertzogs printzgen von Lotheringen. Dießer heist, wie schon gesagt, le prince de Maubeck. Seine zwey elste brüder heist man l’abbé d’Harcourt undt le prince de Monlor. Dießer jüngste rümbt über die maßen, wie hofflich Ihr ihn tractirt habt. Seine fraw mutter hatt mich sehr gebetten, Eüch undt Louise ihretwegen auffs best zu dancken. Ein jedes hatt sein ziehl gesetzt undt ehe die stunde kommen, stirbt man nicht, wie es ahn dießem printzen clar erscheindt. Ich glaube festiglich, daß diß jahr ein carnaval zu Hannover sein wirdt; den ma tante ist expres nach Lutzenburg, auff daß die königin, ihre fraw dochter, auff den carnaval nach Hannover darff; also zweyffele ich nicht, daß man suchen wirdt, die königin woll zu divertiren. Ich weiß nicht, wie es kompt, daß [363] meine brieffe über Luneville so alt werden; den ich schicke sie, wie man mir gesagt, daß ich sie schicken muß, umb baldt überzukommen. Hiemitt ist Ewer schreiben mitt dem printzen de Maubeck durchauß beantwordtet. Ich komme jetzt auff daß vom 9 October, so ich zwar den tag vorher entpfangen, alß wir von Fontainebleau auffgebrochen, aber ohnmoglich eher, alß nun, beantworten können. Valsemé war eben bey mir, wie ich Ewern brieff bekamme. Mein gott, wie ist der mensch geendert! Hatt vor 2 jahren noch, ehe seine zähn außgefahlen, ein schön gesicht gehabt, daß sicht man ihm woll nicht mehr ahn. Die lufft in Ittallien hatt ihn so zugericht. Vielle, so ihn woll kenen, seindt bey ihm vorbeygangen, ohne ihn zu kenen. Er sagt, sie wehren alle gar ungern von Franckfort gangen. Alle, die deß königs ungnadt beförgt, haben gnaden entpfangen, Tallar ein schon gouvernement, Valsemé ein ordre, so im mehr alß 2000 thaller eintregt, andere haben sonst waß bekomen; also secht Ihr woll, daß sie keiner vorsprach von nöhten haben. Ich bin fro, daß unßere Pfaltzer mitt mir zufrieden sein. Ich erinere beßer meiner jungen jahrn undt der Pfaltz, alß waß vor 10 jahren hir passirt. Wie ich den Salmuth gesehen, hatte er den degen ahn der seytte; aber daß ist war, daß sie nicht hin dorffen, wo sie wollen. Hirmitt ist Ewer altes schreiben auch beantwortet; werde jetzt ahn Louise andtwortten, nachdem ich Eüch, liebe Amelise, versichert, daß ich Ewere trewe freündin bin undt bleibe.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 20. November 1704 von Elisabeth Charlotte an Amalie Elisabeth zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 1 (1867), S. 362–363
Onlinetext URL: http://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d01b0221.html
Änderungsstand:
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