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Brief vom 22. Februar 1705

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


229.


[371]

A mad. Louise, raugraffin zu Pfaltz, a Hannover.

Marly den 22 Februari 1705.
Hertzliebe Louisse, ich kan Eüch nicht genung dancken, mir so fleyßig zu schreiben; den ma tante, die fraw churfürstin, spricht selten von I. L. gesundtheit. Es ist woll kein wunder, daß ma tante mattigkeit verspürt. So lang der husten gewehrt, glaube ich, daß I. L. woll gethan, keinen wein zu trincken; nun der husten gantz vorbey, wirdt der wein I. L. beßer bekommen. Clistir seindt gutt vor daß miltz; Ihr sagt aber nicht, womitt man ma tante geschmirt hatt. Nichts in der weldt ist ungesunder, alß die betrüb[nis]; deßwegen bin ich auch so sehr in sorgen von I. L. Nichts ist touchanter, alß eine rechtmäßige betrübtnuß zu sehen; kan also leicht begreiffen, wie es Eüch zu muhte geweßen, ma tante so ellendt thun zu sehen. Lustige leütte von natur jamern noch mehr; den da sicht man so gerade den zwang, so die betrübtnuß der natur ahnthut, undt waß schmertzen man entpfinden muß. Mich wundert, daß I. L. der churfürst ma tante nicht anderwerts hingeführt hatt nach der königin todt; den in demselben hauß zu bleiben, wo der todten cörper ist, muß all augenblick die betrübnuß [372] verneüen; den man muß allezeit etwaß hören oder sehen, so dieße trawerige sach betrifft. Patte hatt groß recht, zu wollen, daß ma tante nach Zelle solle. I. L. seindt woll der beste herr von der welt. Es ist mir lieb, zu vernehmen, liebe Louisse, daß Ihr Eüch so woll von Ewerm bößen halß courirt habt; hir klagens auch viell leütte. Wen aber der königin s. kranckheit von ihrem fall kommen von vorm jahr, so war da kein mittel zu. Der schnupen ist nicht ungesundt, wirdt Eüch eine kranckheit salviren. Es ist mir auch lieb, daß Amelisse auß gefahr ist; bitte, woldt es ihr sagen undt sie von meinetwegen ambrassiren. Von kleinen mitteln halte ich mehr, alß vom purgiren undt aderlaßen, aber mitt allen den remedien entgeht man der stunde nicht, die einem der allmächtige bestimbt hatt. Sich in die schickung des allerhögsten zu ergeben, ist daß beste, in deßen schutz, liebe Louisse, ich Eüch auch befehle, undt so lang ich lebe, seydt versichert, daß ich Eüch recht lieb behalten werde!
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 22. Februar 1705 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 1 (1867), S. 371–372
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d01b0229.html
Änderungsstand:
Tintenfass