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A mad. Louise, raugraffin zu Pfaltz, a Hannover.
Marly den 22 Februari 1705.
Hertzliebe Louisse, ich kan Eüch nicht genung dancken, mir
so fleyßig zu schreiben; den ma tante, die fraw churfürstin, spricht
selten von I. L. gesundtheit. Es ist woll kein wunder, daß ma
tante mattigkeit verspürt. So lang der husten gewehrt, glaube ich,
daß I. L. woll gethan, keinen wein zu trincken; nun der husten
gantz vorbey, wirdt der wein I. L. beßer bekommen. Clistir seindt
gutt vor daß miltz; Ihr sagt aber nicht, womitt man ma tante
geschmirt hatt. Nichts in der weldt ist ungesunder, alß die
betrüb[nis]; deßwegen bin ich auch so sehr in sorgen von I. L. Nichts
ist touchanter, alß eine rechtmäßige betrübtnuß zu sehen; kan also
leicht begreiffen, wie es Eüch zu muhte geweßen, ma tante so
ellendt thun zu sehen. Lustige leütte von natur jamern noch mehr;
den da sicht man so gerade den zwang, so die betrübtnuß der
natur ahnthut, undt waß schmertzen man entpfinden muß. Mich
wundert, daß I. L. der churfürst ma tante nicht anderwerts
hingeführt hatt nach der königin todt; den in demselben hauß zu bleiben,
wo der todten cörper ist, muß all augenblick die betrübnuß
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verneüen; den man muß allezeit etwaß hören oder sehen, so dieße
trawerige sach betrifft. Patte hatt groß recht, zu wollen, daß ma
tante nach Zelle solle. I. L. seindt woll der beste herr von der welt.
Es ist mir lieb, zu vernehmen, liebe Louisse, daß Ihr Eüch so woll
von Ewerm bößen halß courirt habt; hir klagens auch viell leütte.
Wen aber der königin s. kranckheit von ihrem fall kommen von
vorm jahr, so war da kein mittel zu. Der schnupen ist nicht
ungesundt, wirdt Eüch eine kranckheit salviren. Es ist mir auch
lieb, daß Amelisse auß gefahr ist; bitte, woldt es ihr sagen undt
sie von meinetwegen ambrassiren. Von kleinen mitteln halte ich
mehr, alß vom purgiren undt aderlaßen, aber mitt allen den
remedien entgeht man der stunde nicht, die einem der allmächtige
bestimbt hatt. Sich in die schickung des allerhögsten zu ergeben, ist
daß beste, in deßen schutz, liebe Louisse, ich Eüch auch befehle,
undt so lang ich lebe, seydt versichert, daß ich Eüch recht lieb
behalten werde!