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Brief vom 26. Februar 1705

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


230.


[372]

A mad. Louise, raugräffin zu Pfaltz, a Hannover.

Marly den 26 Februari 1705.
Hertzliebe Louise, gott dem allmächtigen seye ewig lob undt danck, daß es sich so woll mitt ma tante, der fraw churfürstin, wider beßert! Es ist gewiß, daß, wen man gutte mittel apropo braucht, daß sie woll bekommen können. Ma tante ist von einem so gar guttem temperament undt haben ihr leben so wenig gebraucht, noch zu brauchen nöhtig gehabt, also alleß, waß ihnen gutt ist, gleich operiren kan; fange also ahn, wider trost zu faßen undt mich nicht mehr nacht undt tag zu angstigen wegen I. L., wie ich im ahnfang gethan. Ich wolte, daß man zu Hannover gethan hette, wie es hir im landt der brauch ist; da, so jemandts stirbt, bleiben keine verwanten im hauß, man fährt gleich weg. Wolte, daß man ma tante auch gleich weg geführt hette undt nicht wider ins hauß gebracht, biß die leiche weg ist. Ich förchte die entreveüe vom cronprintzen von Preüssen. Es ist woll ein zeichen von einem gutten gemüht, daß dießer printz so touchirt ist über seiner fraw mutter; junge leütte von dem alter seindt ordinari nicht so [373] entpfindtlich. Ich kan nicht wißen, wo meine brieffe bleiben; den ich manquire keine eintzige post, zu schreiben; aber, liebe Louisse, meine brieffe können nicht auffmuntern. Wan mans recht bedenckt, weiß man gar nicht, waß auß einem wirdt nach dießem leben, undt (den glauben apart) so ist es gar kein trost, sicher zu wißen, daß man baldt wie die sein wirdt, so man todt vor sich sicht; contrarie, es ist betrübt. Raisoniren hilfft nichts bey den betrübten; man muß gott undt die zeit walten laßen, nur suchen, offt von andern sachen zu reden undt die betrübte gedancken zu interumpiren; daß ist, waß man ahm besten thun kan. Ich muß mich aber eyllen; den ich habe dießen abendt noch 4 große brieff zu schreiben undt es schlegt alleweill 7 uhr. Der könig hatt heütte gar spät zu mittag geßen; es war 2 uhr geschlagen, wie I. M. sich ahn taffel gesetzt. Sie haben den hirsch dießen morgen gejagt, die jagt war lang undt nicht hübsch undt der windt sehr kalt. Adieu! Ich ambrassire Eüch, liebe Louisse, undt Amelisse auch undt behalte Eüch beyden von hertzen lieb.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 26. Februar 1705 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 1 (1867), S. 372–373
Onlinetext URL: http://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d01b0230.html
Änderungsstand:
Tintenfass