Seitenbanner

Brief vom 7. März 1705

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Amalie Elisabeth zu Pfalz


233.


[377]

A mad. Amelie Elisabeth, raugraffin zu Pfaltz, a Hannover.

Versaille den 7 Mertz 1705.
Hertzliebe Amelise, heütte morgen habe ich Ewern lieben brieff vom 27 Februar zu recht entpfangen. Es ist woll waß rares, wen man mir die brieffe so baldt überliffert. Mein gott, wie gern wolte ich, daß man der lieben s. königin cörper schon mitt allen ihren leütten weg geführt hette undt daß ma tante nichts mehr davon sehen mögte! Auch wolte ich, daß ma tante auß dem hauß sein könte, wen die letzte ceremonie vorgehen wirdt; den daß, fürchte [378] ich abscheülich, wirdt alle trawerigkeit wider verneüern. Man muß nichts gegen der trawerigkeit sagen; den daß hilfft zu nichts, alß nur die betrübten ungedultig zu machen. Man muß ihnen von gantz waß anderst vorsprechen, damitt man sie unvermerckter weiß von den trawerigen gedancken abzicht. Aber waß madame de Longeüil gesagt, konte woll war sein; allein es ist doch hart zu sagen, deücht mir. Die hertzogin von Hannover hatte keine große ursach gehabt, betrübt über ihren herrn zu sein; er hatt übel mitt I. L. gelebt. Daß die königin s. gern lustig mitt ihren herrn bruder war, daß ist ja billig geweßen. Alles hatte seine zeitt undt sie hatte ja auch die ihrige, bey ihrer fraw mutter zu sein. Es jammert mich, daß der könig in Preussen so betrübt ist. Ich zweyffle sehr, daß der könig in Preüssen noch zwey söhn bekommen solle, wie ich von dießem könig habe reden hören. Reich undt könig wirdt mehr gewünscht, alß eine schönne taille; den von gesicht ist der könig in Preussen nicht heßlich, ich habe sein contrefait. Ich glaube wie Ihr, daß er sich wider heürahten wirdt, undt mögte woll die witwe von Schweden nehmen. Alles, waß Ihr mir sagt, liebe Amelise, ist gar nicht doppelt. Ewer schwester hatt mir kein wordt davon gesagt undt Ihr thut mir den grösten gefallen von der welt, frey zu reden, bin Eüch davor verobligirt; den daß halte ich vor ein vertrawen, so Ihr zu mir habt, welches mich Eüch noch lieber macht haben. Drumb bitte ich Eüch, liebe Amelise, last Euchs nicht gerewen undt continuirt, so zu schreiben! Ich gestehe, daß dießer königin todt mir recht zu hertzen gangen; nun ich aber sehe, daß ma tante, gott sey danck, wider woll wirdt, gebe ich mich auch wider zufrieden undt in den willen gottes. Es muß ein gelehrter man geweßen sein, der der königin in Preussen oroscope gestelt hatt; aber ich wolte, daß, weillen diß unglück ja hatt sein sollen, daß es zu Berlin geschehen were. Ich bin fro, daß Ihr Ewers bößen halß quit seydt; man hatt ja so viel gutts gurgelwaßer, daß soltet Ihr brauchen, liebe Louisse! Hiemitt ist Ewer schreiben durchauß beantwordt; hoffe undt wünsche, daß mein brieff Eüch in gutter undt volkommener gesundtheit ahntreffen möge, undt seydt versichert, daß ich Eüch von hertzen lieb behalte undt ambrassire!
[379]
Impressum
Datenschutz
KontaktPost
Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 7. März 1705 von Elisabeth Charlotte an Amalie Elisabeth zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 1 (1867), S. 377–379
Onlinetext URL: http://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d01b0233.html
Änderungsstand:
Tintenfass