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Brief vom 15. März 1705

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


234.


[379]

A mad. Louise, raugraffin zu Pfaltz, a Hannover.

Versaille den 15 Mertz 1705.
Hertzliebe Louise, Ihr tuht mir einen rechten gefallen, fort zu fahren zu schreiben undt mir ma tante standt undt gesundtheit zu berichten. Daß I. L. noch taglich weinen, ängstet mich; den ob sie schon nun nicht kranck sein, kan es doch auff die lenge kein gutt thun; den es ist gantz gegen ma tante natur, trawerig zu sein. Miltzsüchtigen, wie ich bin, denen kans nicht so viel schaden; den es felt in ihre natur; aber die, so von natur gar lustig sein, greifft es viel harter ahn. Ich wolte, daß sie von ort endern könten undt irgendts hingehen, wo sie die liebe königin nie gesehen. Ich zittere vor ängsten, wen ich dencke, wie der abzug von der königlichen leiche alles wider verneüern wirdt. Mich verlangt unerhört, wie daß wirdt abgeloffen [sein]. Ich bitte, liebe Louise, schreibt mirs doch, so baldt möglich sein wirdt! Nichts in der weldt endert den humor, alß große verlust undt betrübtnuß. Seyder ich I. G. den churfürsten, mein herr vatter s., wie auch meinen armen bruder undt fraw mutter, verlohren, finde ich woll in mir selber, daß ich nicht mehr bin, wie ich vorher geweßen. Mein sohn, so ich verlohren, ginge mir auch abscheülich zu hertzen. Zu alle wünsche, so Ihr, liebe Louise, vor ma tante thut, sage ich von hertzen amen. Ich bin Eüch auch sehr verobligirt, mir so viel guts zu wünschen. Gott behütte mich nur vor ferner betrübtnuß! ahn freüden dencke ich nicht mehr. So lange ich aber leben werde, seydt versichert, daß ich Eüch sehr lieb behalten werde!
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 15. März 1705 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 1 (1867), S. 379
Onlinetext URL: http://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d01b0234.html
Änderungsstand:
Tintenfass