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Brief vom 2. April 1705

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


238.


[383]

A mad. Louise, raugräffin zu Pfaltz, a Hannover.

Marly den 2 April 1705.
Hertzallerliebe Louise, vergangen sontag habe ich nicht können auff Ewerm lieben brieff vom 17 Mertz andtworten, so ich den tag vorher zu Paris entpfangen hatte, weillen eben dieße kleine reiße, so ich dahin gethan hatte, mich verhindert, einige brieffe, so ich sontags fortschicken muß, zum vorauß zu schreiben. Es vergeht kein sontag, daß ich nicht auffs allerwenigst 6 brieff zu schreiben habe; darnach muß man ja auch in kirch. Ich weiß nicht, ob ich heütte auch ahn Amelisse werde andtwortten können; den gleich nach dem eßen werde ich auff die hirschjagt undt abendts haben wir mussiq hir; man wirdt zwey acten von Proserpine singen, wobey ich auch sein muß; daß despendirt von dem, wie lange die jagt wehren wirdt. Die posten gehen übel. Man helt mir immer ma tante paquet auff undt bekomme sambstags zwey auff einmahl, aber eins wirdt alß zurück gehalten. Waß ragous man hirin findt, weiß ich warlich nicht. Daß ich Eüch schreibe, liebe Louisse, ist kein dancken werdt, sondern gar zu billig. Gott sey danck, daß ma tante, unßer liebe churfürstin, wider bey gutter gesundtheit ist, undt erhalte unß dießelbe noch viel undt lange jahren! Es ist kein wunder, [daß sie] mager geworden; es ist viel mehr zu bewundern, daß sie noch gesundt sein können nach einer solchen erschrecklichen bewegung undt betrübtnuß. Es ist hir nun wider kalt wie im winter; aber wen daß samffte frühlingswetter widerkommen wirdt, wolte ich, daß I. L. nach Hernhaussen gingen; den daß spatziren undt gutte lufft erhelt die gesundtheit. Ich glaube, daß alle die betrübte leütte, so die königliche leiche folgen, nicht viel werden geßen haben; den wen man betrübt ist, mag man auch die besten speißen vor sich haben, man kan nicht eßen. Ich habe woll von ebulution deß geblüdts gehort, aber nie von keiner ömulution, wie Ihr es heist; weiß also nicht, ob es daßelbe ist, so die churprintzes von Braunsweig gehabt hatt. Im frühling undt herbst hatt man offt solch zeüg. Die princes muß ein gutt gemühte haben, ma tante so suchen zu gefahlen; sie muß verstandt haben, sich so suchen beliebt zu machen. [384]
Donnerstag den 2 April umb 6 abendts.
Wie ich heütte morgen dieß letzte linie oben schriebe, kame die princes de Conti undt sonst viel damen herein; darnach ging man zum eßen undt gleich nach dem eßen auff die hirschjagt. Es ist eine stundt, daß ich wider kommen bin; habe mich von kopff zu fußen anderst ahngethan, werde erst fertig. Ich bin fro, daß der churprintz einen lustigen humor hatt; hoffe, daß er ma tante divertiren wirdt. Hiemitt ist Ewer lieber briff vollig beantwortet. Ich habe noch gar viel zu schreiben, kan also nicht mehr sagen, alß daß ich Eüch allezeit lieb behalte.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 2. April 1705 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 1 (1867), S. 383–384
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d01b0238.html
Änderungsstand:
Tintenfass