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Brief vom 8. April 1705

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


240.


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A mad. Louise, raugräffin zu Pfaltz, a Hannover.

Versaille den 8 April 1705 umb 9 abendts.
Hertzliebe Louisse, es ist mir bang, daß wegen der so gar langen devotionen, so wir morgen vor- undt nachmittags haben, ich keine zeit werde finden können, auff Ewern lieben brieff von 27 Mertz zu andtwortten können; den vergangen sontag viel mir die zeit zu kurtz. Die neßelsucht ist keine kinderkranckheit; ich habe sie vor 4 jahren gehabt, aber nichts anderst dazu gethan, alß eine gutte prisse von meledie-Kendt-pulver einzunehmen, braff zu schwitzen; andern tags war ich wider frisch undt gesundt. Bin fro, liebe Louise, daß Ihr auch wider courirt seydt, undt gott der allmächtige erhalte Eüch lang bey volkommener gesundtheit! Es seindt etlichmahl jahren, da dieße kranckheit sehr im schwang geht undt a la mode ist. Es preservirt aber von nichts; den selbiges jahr hatte ich noch 2 mont daß 3tagige fieber; wünsche, daß es Eüch beßer preserviren mag. Daß so gar unbeständige wetter macht, daß alle husten verneüern; bey mir ist es eben kein rechter husten, sondern nur eine gesaltzene pituitte, wie man es hir heist, so mich, ohne recht den husten zu haben, husten macht, wen ichs mich ahm wenigsten versehe. Ich mag aber nichts brauchen, meine kranckheitten müßen weg, wie sie kommen sein; den ich kan nichts brauchen noch mich dockteriren laßen; bin fro, daß die kleine mittel ma tante courirt haben. Ich kan gar nichts süßes leyden; man raht mir viel, ich höre alles ahn, brauche aber gar nichts, alß waßer drincken ohne safft. Ich betrübe alß meinen docktor recht, daß ich nie nichts brauchen will, befinde mich aber nicht übel dabey. Zu solche unglück, wie ma tante leyder hatt, ist die zeit allein, so die betrübtnuß moderiren kan. Gott seye danck, daß sie doch wider gesundt sein! den es war mir woll erschrecklich bang bey der sach. Zu die gutte wünsche, so Ihr vor unßere liebe churfürstin thut, sage ich von hertzen amen. Wofern graff Carl von Nassau Weilburg noch zu Hannover, bitt ich Eüch, Ihr wolt ihn doch vor sein compliment dancken. Er ist lebhaffter, alß sein herr bruder war; er dantzt gar woll. Ich habe auch schon gehört, daß nicht viel besonders ahm vatter ist. Es ist 3 virtel auff 10, ich [386] muß nüber zum nachteßen, kan also vor dießmahl nichts mehr sagen, alß daß ich Euch all mein leben von hertzen lieb behalten werde.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 8. April 1705 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 1 (1867), S. 385–386
Onlinetext URL: http://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d01b0240.html
Änderungsstand:
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