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Brief vom 9. Juli 1705

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Amalie Elisabeth zu Pfalz


257.


[404]

A mad. Amelie Elisabeth, raugräffin zu Pfaltz, a Hannover.

Marly den 9 Julli 1705.
Hertzliebe Amellisse, ich habe zwar Ewer liebes schreiben vom 24 Juni vergangen sambstag entpfangen, aber sontags kan ich ohnmöglich ahntwortten; den selbigen tag habe ich nohtwendig 6 brieffe zu schreiben, einen ahn ma tante, einen ahn die königin in Spanien, einen ahn mein dochter undt 3 nach Paris. Zudem so bin ich letzten sontag wider von Versaille nach Trianon, habe Eüch also nicht eher, alß dieße post, andtwortten können. Es ist war, daß Louisse mir schon geschrieben gehabt, wie Ihr mitt zu Zell geweßen undt beyde gar content von Ewerer reiße seydt. Wie ich sehe, waß Ihr mir von die junge leütte schreibt, daß sie eben jetzt so unahngenehm in Teütschlandt sein alß hir. Hertzog Jorg Wilhelm ist noch, wie I. L. alle ihre tage geweßen sein. Die hertzogin thut nicht zu viel, zu Eüch zu kommen; den ich bin versichert, daß Ewer jungfer von beßerm hauß ist, alß sie. Wie sie in Franckreich war, war alle ihr ambition, einen ersten cammerdinner von Monsieur zu heürahten, der sie nicht gutt genung vor sich fandt. Ich schäme mich recht, wen ich davon reden höre. Wie ist es möglich, daß Ihr alle tag ein bouillon nehmen könt? Daß verdirbt den magen, wie ich glaube. Daß wetter muß zu Zell nicht sein wie hir; den seyder 3 wochen haben wir daß schönste wetter von der welt undt haben eine abscheüliche hitze außgestanden; seyder gestern aber, da es gerechnet, ist daß wetter gantz abgekühlt. Hett ich gewüst, daß Ihr bey dem marchalck Bulau eßen würdet, wolte ich Eüch, liebe Amelisse, gebetten haben, dießen meinen alten gutten freündt zu grüßen. Ich heiß ihn noch alß Jochem Henderich, wie in unßern jungen jahren, die leyder nun lengst verbey sein. Solche art leütte, wie monsieur de Laissecour, deren schwestern sicht man nie hir ahm hoff. Daß verstehen die Frantzoßen auff ein endt, auff einem stutz artige lieder zu machen. Ich meinte, monsieur Bornet blaudert immer ins gelach hinnein. Seine avanture ist eben wie in der commedie von George Dandin; es fehlt nur dran, daß er gesagt: Que la est doux! Il me semble manger des confitures.[1] Der nahme von Canstein ist [405] mir nicht unbekandt. Ich bilde mich ein, daß, nun I. L. der churfürst zu Braunsweig mitt seinem train nach Pirmont ist, daß ma tante Eüch so woll, alß die printzes wirdt nach Hernhaussen hollen laßen, umb dort zu bleiben. Hiemitt ist Ewer lieber brieff vollig beantwortet. Nach dem eßen werde ich Eüch nicht schreiben; den wir fahren gleich auff die hirschjagt. Wir mögten woll ein wenig getaufft werden; den die wolcken ziehen sich undt es geht ein starcker windt. Adieu, liebe Amelisse! Seydt versichert, daß ich Eüch allezeit von hertzen lieb behalte!
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 9. Juli 1705 von Elisabeth Charlotte an Amalie Elisabeth zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 1 (1867), S. 404–405
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d01b0257.html
Änderungsstand:
Tintenfass