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A mad. Louise, raugraffin zu Pfaltz, a Hannover.
Marly den 30 Julli 1705.
Hertzliebe Louisse, keinen sontag kan ich ohnmöglich auff
Ewere liebe brieff andtwortten; den die tage habe ich gar zu viel
zu schreiben; muß es alß, wie Ihr secht, auff die sontagspost
sparen. Ich glaube, daß sich die princes getröst hette, wen ihr herr
vatter lenger außblieben undt sie noch lenger bey ma tante zu
Herrnhaussen hette bleiben können. Ist es ein rohtlauffen, so Ihr
ahn den backen habt, daß Ihr waß davor braucht, liebe Louisse?
Gott seye danck, daß ma tante undt alle ihre kinder so frisch undt
gesundt sein, undt erhalte sie lange jahren dabey! Wahrens
marionetten daß oracle, so die fürstin von Soldenen gemacht hatte? Sie
muß gutt hertz haben, ahn divertissementen zu gedencken in dem
unglück, wo sie steckt. Ihre dochter soll schön sein; ist zu
beklagen undt desto mehr, daß man ihr recht unrecht thut; den ich
bin versichert, daß sie kein commerse in Franckreich hatt. Daß
die von Nassau-Sigen von ihrem herrn ist, nimbt mich nicht
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wunder; sie solle sehr coquet sein. Der fürst von Sigen hatt eben
keinen großen sparen, nicht content von seiner gemahlin zu sein;
sie machts ihm doll genung. Adieu! Es ist spät, ich bin von der
hirschjagt kommen, muß noch 3 große brieff vor der mussiq
schreiben, werde also vor dießmahl nichts sagen, alß wie ich Eüch von
hertzen lieb habe.