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Marly den 20 August 1705.
Hertzliebe Amelise, es seindt hir viel leütte, so I. L. die
princes von Anspach gesehen, undt loben sie alle sehr. Ich will hoffen,
deß churprintzens heüraht wirdt glücklich, weillen es so lustig
ahnfengt. Freyllich muß so ein heüraht den hoff auffmuntern. Alles
hatt seine zeit, wie der könig Salomon sagt, traweren undt freüden;
daß trawern hatt lang gewehrt, nun ist es auch zeit, daß die freüde
widerkompt. Es ist ein groß glück, wen ein heüraht mitt
jedermans vergnügen geschicht; den daß geschicht nicht allemahl, wie
ich nur zu woll erfahren; wünsche sehr, daß dießer heüraht
allezeit glücklich sein möge. Mein sohn hatt mir einen braffen
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schrecken eingejagt, hatt sich mitt seinem dollen leben kranck gemacht,
mitt ballen spillen, baaden undt seine metres zu offt zu besuchen;
es fing starck ahn, hatt aber doch baldt auffgehört, gott lob! den
er ist, gott lob, nun wider gantz gesundt. Der churprintz undt die
princes seindt eben nicht so gar jung, umb zu heürahten; den sie
seindt beyde 22 jahr alt, wie in der durchleüchtigsten welt stehet.
Im selbigen buch macht man die princes 7 mont älter, alß ihren
breütigam. Ihr herr bruder kene ich woll; er ist gar ein gutt kindt.
Es kam ihm hir wie ein heimwehe ahn nach den kinderblattern.
Ich bilde mir ein, wen er zu Hanover sein wirdt, mogte woll ein
doppelter heüraht geschehen. Der verstorbene margraff war schön
wie ein enckel
[1] von kopff biß zu füßen; er hatte mehr verstandt,
alß sein herr vatter gehabt hatte, eben keine große vivacitet; waß
er aber sagte, war de bon sens, undt hatte mehr verstandt, alß
der itzige margraff, sein herr bruder. Man rufft mich, in kirch
zu gehen; muß schließen undt vor dießmahl nichts mehr sagen, alß
wie ich bin undt bleibe, wie ich Eüch schon offt versprochen,
nehmblich Eüch, liebe Amelise, recht lieb zu behalten.