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Brief vom 27. August 1705

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


265.


[412]

A mad. Louise, raugräffin zu Pfaltz, a Hernhaussen.

Marly den 27 Augusti 1705.
Hertzallerliebe Louise, ich habe zwar Ewern lieben brieff vergangen sambstag entpfangen, aber wegen woll bewusten ursachen sontag nicht drauff antwortten können. Ewere brieffe kommen mir nie abgeschmackt vor, Ihr schreibt recht schön, auff alle weiß, schönne handt undt stiel; aber Ihr habt mir einen rechten gefahlen gethan, mir zu berichten, liebe Louisse, waß ma tante, die fraw churfürstin, taglich zu Hannover thut undt wie I. L. dero zeit zubringen. Ihr seydt noch jung, nur die gemächlichkeit zu lieben; last dießes unß alten leütten, den es beßer, alß den jungen leütten, zukompt, undt wie im opera stehet: Les plaisirs les plus doux sont faits pour la jeunesse. Ich hoffe, daß die princes von Anspach alles wirdt ahn Eweren hoff wider munter machen undt auch die trawerigkeit auß ma tante sin vertreiben. Es ist mir aber nur [413] bang vor eine sache, nehmblich daß, weillen I. L. dieße princes nie ohne die liebe königin s. gesehen, daß es gar eine zu starcke erinnerung wirdt im ahnfang geben, so alteration verursachen mogte. Gott gebe, daß es anderst mag hergehen! Mich deücht, zu meiner zeit wehrte die taffel nicht so lang undt man war nicht lenger, alß eine stundt, ahn taffel. Ich habe ma tante ein korbgen gemacht, ihre seyde drin zu thun; den schwere arbeydt, wo man geschickt bey sein muß, kan ich nicht machen. Es ist auch in der ordre, daß die solitairen körb machen. Ob hir zwar nur die princessinen undt duchessen den tabouret haben, so macht man doch jederman beym spiellen undt wen sie arbeytten, sitzen. Die Rotzenheüssererin, so spint, sitzt also den gantzen tag bey mir. In der promenade ist es doch ein rechter hoff. Man weiß nicht, waß nun hir ist; scheindt, alß wen unterschidtliche particulirs in einem hauß wohnten, da eines dort, daß andere dahin geht undt nichts mitt einander zu schaffen haben. Gott erhalte ma tante lange jahren bey dero gutte gesundtheit! Es ist mir bang vor die fürstin von Maubuisson. Ich besuchte I. L. gestern; sie nehmen so erschrecklich ab undt werden so dür wie ein scheydt; fürchte sehr, es wirdt baldt habern. Wir haben hir gar nichts neües und ich muß in kirch; werde also vor dieß mahl nichts mehr sagen, alß wie ich Eüch recht von hertzen lieb behalte, liebe Louisse!
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 27. August 1705 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 1 (1867), S. 412–413
Onlinetext URL: http://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d01b0265.html
Änderungsstand:
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