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Brief vom 7. Oktober 1705

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Amalie Elisabeth zu Pfalz


271.


[416]

A mad. Amelie Elisabeth, raugraffin zu Pfaltz, a Hernhaussen.

Fontainebleau den 7 October 1705.
Hertzliebe Amelise, ich bin fro, daß Ihr so ungern die post [417] verseümbt. Es ist nicht nöhtig, allemahl waß artigs zu schreiben; ich bin schon zufriden, wen ich nur weiß, wie es Eüch undt Louisse geht. Gott gebe, daß die einigkeit zwischen beyden jungen fürstlichen eheleütten imer wehren mag! Ich wünsch es mehr, alß ich es hoffen darff; den die welt ist so beschaffen, daß, waß gutt ist, selten lang wehrt. Ich admirire in Eüch, liebe Amelisse, der menschen prevantion undt daß Ihr vor so gar übel haltet, [was[1]] vielle vor so gutt halten. Ich bin in der sache neutral. Ich laße jederman seine fantesien undt halte weder guts noch böß davon. Ich sehe, daß es ein alter glaub ist; bin verwundert, daß so viel leütte daß vertrawen drauff setzen können; aber ich bin nicht so verwundert über diß alles wie Ihr; den ich bin persuadirt, daß ein starcker glaub undt jmagination viel zu wegen bringen kan, wie man ahn den schwangern weibern sicht. Wir armen menschen wißen wenig, wie alles zu[geht]. Ich bin aber woll Ewerer meinung, daß es beßer were, spitäller zu bawen, alß reliquien zu ziehren; glaube auch, daß es den heylligen selber beßer gefallen solte. Aber wen der papst I. L. dem churfürsten die reliquien gar thewer abkauffen solte, finde ich, daß I. L. gar woll thetten, sie nach Rom zu schicken. Thun die pfaffen naredeyen mitt, ists vor sie; daß geht dem churfürsten gar nicht ahn. Adieu, liebe Amelise! Seydt versichert, daß ich Eüch von hertzen lieb behalte!
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 7. Oktober 1705 von Elisabeth Charlotte an Amalie Elisabeth zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 1 (1867), S. 416–417
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d01b0271.html
Änderungsstand:
Tintenfass