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A mad. Louise, raugraffin zu Pfaltz, a Hannover.
Versaille, mitwog den 18 November 1705.
Ich werde morgen früh eßen, hertzallerliebe Louisse, undt den
nach Paris fahren, habe dort ein wenig zu thun undt werde auch
ins opera; also will ich dießen abtendt noch auff Ewern lieben
brieff vom 6 November andtwortten. Es were meine undt nicht
Ewere schuldt geweßen, wen mich Ewere relation nicht gefahlen
hette; den sie war recht woll geschrieben. Wir hatten so schön
wetter zu unßer reiß, daß sie gar nicht unahngenehm war. Ich
haße daß reißen gar nicht, liebe Louisse! Bey dießem hoff
schimelt man nicht, man reist immer von einem ort zum andern. Die
blätter seindt wegen der große hitze, so den sommer geweßen, eher
abgefallen, alß die ander jahre. Ma tante, die fraw churfürstin,
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mag die gräffin zu Buckeburg sehr woll leyden. Aber sagt mir
doch, ich bitt, waß ist geschehen, daß ma tante gesteht, daß sie
gritlich ist? Daß kompt nicht vom temperement; fürcht also, es
seye etwaß widerliches geschehen, oder ist es vielleicht auch, daß
freüllen Pelnitz zu viel trawerige erinerungen thut. Daß würde
betrübt undt nicht gridtlich machen. Die einbildung thut viel bey
den kranckheitten; steckt sich freülen Pelnitz daß sterben im kopff,
möchte sie woll drauff gehen. Amelisse hatt mir ihre reiße von
Zel beschrieben. Ich weiß bey mir selber, wen man von natur ein
wenig trucken zu sein gewont ist, kompt einem daß freündtlich sein
ohne freündtschafft sawer ahn. Hiemitt ist Ewer schreiben vollig
beantwortet; bleibt mir nur überig, zu sagen, daß ich Eüch, liebe
Louisse, von hertzen lieb behalte.